Heft 
(1910) 18
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7. (2. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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mit diesen Tatsachen wohl oder übel abfinden und wünschen, daß die Wissenschaft möglichst viel Nutzen daraus ziehen möge.

XXX. Dr. Curschmann: Über die deutschen Ortsnamen irn nordostdeutschen Kolonisationsgebiet. Hierüber hielt der genannte Forscher einen beachtenswerten Vortrag am 14. April 1909 in dem uns befreundeten Verein für Geschichte der Mark Branden­burg.

Curschmann unterscheidet:

1. die germanische Zeit bis etwa 550 (nur Fluß- und Land­schaftsnamen);

II. die slawische Zeit (scheidet hier aus);

III. das Mittelalter bis Ende des 14. Jahrhunderts;

IV. die innere Kolonisation der Neuzeit vom 16. Jahrhundert bis heute.

Die ganz überwiegende Mehrzahl der deutschen Ortsnamen des Ostens stammt aus der dritten Periode. Sie lassen sich nach Cursch­mann in drei Ilauptgruppen scheiden:

a) aus ursprünglich slawischen Namen durch Übersetzung oder allmähliche Anpassung im Munde Deutschsprechender entstandene deutsche Namen. Übersetzungen sind sicher ziemlich häufig, nachweis­bar aber nur, wo sich ein Zufall der deutsche und slawische Name erhalten haben. Beispiele: Bergen auf Rügen heißt im 13. Jahr­hundert Gora. Viel zahlreicher sind sicher die Fälle, wo slawische Ortsnamen im Laufe der Zeit zu deutschen umgeformt werden, so wird aus Karsibuor Kaseburg, aus Wosze Wusterhausen, aus Rathenow Rott­mannshagen, aus Pritochine Bretwisch;

b) ans dem Mutterlande übertragene Namen. Vor übereilten Schlüssen aus dem einfachen Gleichlauten von Ortsnamen im Westen und auf Kolonialboden ist zu warnen. Nur bei den Namen bekannter großer Städte wirkt diese Übereinstimmung an sich überzeugend: Frankfurt a. O., Nürnberg in der Neumark. Sonst müssen andere Mo­mente hinzukommen, um einen Ortsnamen als übertragen anzusprechen, z. B. wenn der Name des Orts etwas über seine topographische Lage aussagt, das auf die Lage des Ortes im Koloniallande nicht, wohl aber auf eine irn Westen gelegene Ortschaft paßt: Biesenthal in der Alt­mark liegt an der Biese, der gleichnamige Flecken nördlich von Berlin am Finow;

c) neu bei der Anlage der Orte gebildete Namen. Die zu­sammengesetzten Ortsnamen überwiegen an Zahl und Bedeutung ganz außerordentlich die nicht zusammengesetzten Namen. Sie zerfallen in