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9. (7. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
der Wolle, die aus pflanzlichen Stoffen bestehen, z. B. Samen, vernichtet werden, der nun in einem Ofen bei 80°—90° verbrannt wird. Die steifen Hüte müssen mit Schellack getränkt werden, damit sie nun aber an der Oberfläche einen weichen Überzug bekommen, werden sie in den Mixmaschinen mit Hülfe einer rauhen Fläche abgerieben. Zum Schluß endlich kommen die Hüte auf die Matrizenzieherei, wo sie ihre letzte Form erhalten; außerdem werden sie in einem Dekatierkessel einem Druck von 1 a bis 1 Atmosphäre ausgesetzt, wodurch die Form verfestigt wird und der Hut seinen Glanz erhält. Der Gang durch die vielen Räume treppauf und -ab und die Besichtigung der zahlreichen Maschinen hatte alle Besucher abgespannt, so daß die Erfrischung durch einen kühlen Trunk, der uns zum Abschied geboten wurde, sehr willkommen war. Der I. Vorsitzende, Herr Geheimrat Friedei, benutzte diese Pause, um Herrn Stadtrat Goldschmidt und den Herren, die sich an der Führung beteiligt hatten, den Dank der Brandenburg^ auszusprechen.
Den zweiten Punkt der Tagesordnung bildete die Besichtigung der St. Johanniskirche, wir betraten das Gotteshaus durch die beiden Portale des neu aufgeführten Westgiebels. In dem Altarraum gab Herr Superintendent Breithaupt die wichtigsten Daten aus der Geschichte der Kirche und über den kunstgeschichtlich so wichtigen Schmuck des Innern. Auf dem Platze stand wohl schon im 12. Jahrhundert eine Kirche, aber es w'ar nicht die heutige, die erst aus dem Jahre 1285 stammt, und auch sie wurde im Jahre 1430 umgebaut und erweitert. Seine jetzige Gestalt endlich erhielt das Gotteshaus durch die Renovierung vom Jahre 1901 bis 1903 unter der Leitung der Geheimen Bauräte von Tiedemann und Hoßfeld. Vor allen Dingen hat der Westgiebel erst hierbei seine heutige Gestalt erhalten, denn früher befand sich über der Feldsteinwand ein schräges Dach. Dieser neue Giebel ist aber außerdem ein Stück hinausgerückt worden, um Platz für eine Orgel zu gewännen. Man erkennt die alte Mauer auf dem Dach an einem zweiten Giebel, der sich über das eigentliche Kirchendach ein Stück heraushebt. Das Innere der Kirche wirkt ungemein günstig, trotzdem die Pfeilerreihe das Schiff in zwei Hälften teilt und einen vollen Blick auf den Altar verhindert. Die wichtigste Aufgabe der Renovierung war die Herstellung der alten Wandmalereien durch den Maler Kutschmann, und zwar sind zu den Ausführungen nur vier Farben benutzt worden, nämlich Gelb, Braun, Rot und Grün. Die Bilder befinden sich zum größtenTeil zwischen den Gewölberippen undzwarin den Winckeln zwischen ihren Anfängen. Pflanzen, Tiere und Menschenköpfe sind dargestellt. Die menschlichen Gesichter sind besonders beachtenswert, weil sie alle zeichnerisch ungeheuer karikiert sind, indem Nase und Mund immer übertriebene Gestalten haben. Außerdem aber fallen sie noch dadurch auf, daß ihnen aus Mund, Nase und Ohren Zweige herauswachsen.