9. (7. außerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
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Diese Gesichter belindeu sich über der Empore. Was die Künstler jener Zeit eigentlich mit ihnen bezweckt haben, ist absolut unklar, jedenfalls stehen die Bilder einzig da in der Provinz. Ein würdiges Bild endlich lindet sich auf dem ersten Pfeiler vor dem Altar. Es stellt das Martyrium des heiligen Sebastian dar. Die Gestalten sind halblebensgroß und zeigen die Tracht des 15. Jahrhunderts. Auch der Altarraum ist aus- gemalt; hier aber linden sich nur Wappenschilder von Innungen, z. B. Schere, Buch, Rad, ferner solche der Abte von Zinna und das sog. Wappen Christi mit den Marterwerkzeugen, dem Kreuz, den Nägeln, dem Speer und der Dornenkrone. Der untere Teil der Wandfläche des hohen Chores ist mit einem modernen Wandteppich behängen, der aber die mittelalterliche Form nachahmt, indem er mit Bibelsprüchen in altdeutscher Schrift und mit christlichen Symbolen gotischen Stils reich geschmückt ist. An der Mittelsäule vor dem Altarraum ist Johannis der Täufer, der Patron der Kirche, aufgestellt worden, eine alte Figur mit reicher Goldbemalung, die sich sehr gut erhalten hat. Herr Superintendent Breithaupt hat eine eingehende Beschreibung der Kirche in den Mitteilungen des Vereins für religiöse Kunst in der christlichen Kirche, 2. Jahrg. 1905, Heft 2, 3 und 4 veröffentlicht.
Nach der Besichtigung der Kirche begaben wir uns in das Gasthaus „Prinz von Preußen“, wo das Frühstück eingenommen werden sollte. Hier hatte Herr Hahn aus der historischen Sammlung der Stadt eine Anzahl von den Objekten aufgestellt. Wir wollen einige aufzählen, z. B. die Innungsbecher, einige Ofenkacheln mit Monogrammen, mehrere riesige Nachtwächterhörner, einen Schulzenstab nebst einem Hammer, einen Stadtsiegel von 1637, mehrere Photographien unseres Mitgliedes Herrn Reichhelm aus Treuenbrietzen, Einquartierungszettel aus dem Jahre 1813, und endlich einen Karton mit farbigen Tuchproben aus der Zeit Friedrichs des Großen u. ä.
Während der Tafel begrüßte Herr Bürgermeister Schmidt die Brandenburgia in einer längeren Rede, in welcher er eine gedrängte Übersicht gab über das Emporkommen von Luckenwalde. Zum Schluß leerte er sein Glas auf das Wohl der Gesellschaft. Darauf dankte der I. Vorsitzende, Herr Geheimrat Friedei, für den freundlichen Empfang sowie die eingehende Belehrung und endete mit einem Hoch auf die Stadt Luckenwalde.
Nach Tisch wunderten wir zu unserem nächsten Ziel, der Station Elsthal der Jiiterbog-Luckenwalder Kleinbahn. Wir gingen dabei durch einige Straßen der 1750 angelegten Jüterboger Vorstadt mit ihren Kolonistenhäusern und kamen dann in eine Wald- und Wasserlandschaft, das Elstal. Hier befindet sich am Eingang eine große Wassermühle zum Waschen der Wolle. Oberhalb der Mühle ist das Wasser aufgestaut, so daß es sich oft seenartig erweitert. Durch tiefen Baumschatten