354 10. (8. aiillerordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
der Stadt, dem Hospital. Wir waren nicht durch das Hauptportal eiui getreteu, sondern befanden uns dahinter, zwischen ihm und dem ersten der Gebäude. Das Dach des kleinen Torhauses ist durch einen merkwürdigen Schmuck ausgezeichnet: aus dem Dach schaut ein Köpfepaar heraus, ein alter Mann und eine alte Frau. Das Hauptgebäude und auch die übrigen sind im Stiel des 18. Jahrhunderts gehalten, sie bestehen aus zwei Stockwerken und einem hohen Ziegeldach, das einmal gebrochen ist und in dem unteren Abschnitt von Mansardenfenstern durchbrochen wird.
Vor dem Hauptportal begrüßte uns Herr Oberinspektor Hahn und führte uns in einen großen Saal im Erdgeschoß; er ist weiß und schlicht in der Ausstattung und besitzt ein Harmonium, weil hier an Sonntagnachmittagen Gottesdienst abgehalten wird. Vor einem großen Plan der Anlage gab Herr Hahn eine Übersicht über die einzelnen Baulichkeiten und ihre Aufgaben. Das Haus, in dem wir uns befandeu, ist das Verwaltungsgebäude mit einer Dienstwohnung. Daneben gibt es noch ein Beamtenwohnhaus. Im Ganzen stehen 20 Häuser auf einem Raum von 3 ha. Die Anlage dient zum Aufenthalt für alte unbescholtene Leute. Es ist Raum für 1500 Betten vorgesehen, von denen gegenwärtig 600 belegt sind. Neben den Zimmern für Männer und Frauen gibt es auch Häuser für 34 Ehepaare. In den meisten Zimmern sind 8 Betten aufgestellt, es gibt aber auch einige mit einem Bett. Auf jedem Korridor befindet sich ein heller Anbau zum geselligen Aufenthalt, zum- Lesen und Spielen von Domino und Dame. Zwischen den Gebäuden liegen große Höfe mit Rasenplätzen, Springbrunnen, Buschwerk und Bäumen, die zusammen noch eine Fläche von 3 ha ausmachen, uud endlich liegt in der Nachbarschaft noch ein Wald von 3 ba Größe, so daß also für frische Luft genügend gesorgt ist. Die Höfe sind mit einander durch zierliche Torbogen getrennt, wodurch der kasernenartige Eindruck verwischt wird. Alle Häuser sind unterirdisch mit einander durch Tunnels verbunden, und hier sind die Röhx-en und Leitungen untergebracht.
Nach diesem Vortrage wurde der Rundgang angetreten. Wir besuchten zunächst ein Zimmer des Ehepaarhauses mit seinen Betten, einem Schrank und einer Waschtoilette. In den Zimmern für Männer befindet sich neben den nötigen Einrichtungsgegenständen überall noch ein gemütlicher Großvaterstuhl mit Ohrenklappen. Einen besonders einladenden Eindruck macht die Küche mit ihren blanken Kesseln, von denen ein ganzes Dutzend vorhanden ist. Die Leute erhalten die Speisen im Ausgaberaum und verzehren sie auf ihren Zimmei'n. Alles macht einen freundlichen und sauberen Eindruck, besonders hübsch wirken die runden 'Ausbauten am Ende der Korridore, die sog. Tagesräume. Im Hintergründe der Anlage liegt die Remise, die auch die Feuerwehrutensilien beherbergt nebst der Leichenhalle. Alle Gebäude aber überragt der 40 m hohe Wasserturm, der 500 cbm Wassers faßt.