Heft 
(1910) 18
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12. (3. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.

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Zuweilen wird auch die alte Zeit da oben wieder lebendig, und besonders konnte davon ein alter Schäfer erzählen. Der bemerkte nämlich eines Tages um Mittag, als er seine Schafe dort hütete, mitten in der Kapelle ein tiefes Loch und in demselben eine Tür, die offen stand, und diese hatte er doch, so oft er auch oben gewesen, sonst nie bemerkt. Er ging nun hinzu, blickte hinein und sah, daß die alten Mönche an einem Tische sitzen, wo sie sich die Zeit mit Solospiel ver­trieben.

Noch viele andere Sagen laufen dort in der Nachbarschaft um, so von den drei Glocken zu Blankensee, welche alle drei die Inschrift tragen: O Rex Gloriae Christe veni cum pace und die Inschriften 1408, 1412 und 1517. Sie sollen aus der Kapelle stammen. Nach anderer Sage liegen die drei Kapellenglockeu im Kressin-See, tauchen auf und unterhalten sich mit einander, bis sie mit dem Vers

Anne Susanne Nimmermehr to Lanne

wieder im Wasser versinken.

Auch die wilde Jagd tobt im Herbst um den Kapellenberg herum: wie wird sie sich diesen Herbst wundern, wie wird sie wettern, wenn .sie das alte Gemäuer nicht mehr findet.

Man sagt, eine vermögende, einflußreiche Landbank habe den Ab­bruch auf dem Gewissen. Wäre es nicht viel schöner und auch ratio­neller gewesen, sie hätte die Kapellenruine nicht bloß erhalten, sondern mit Gartenanlagen versehen? Alsdann wäre dies der Mittelpunkt der Villenkolonie geworden, ein herrlicher Anziehungspunkt nicht bloß für die dort Angesiedelten, sondern auch für die Ausflügler von nah und fern.

Endlich hätten die Schuldigen sich überlegen müssen, daß ihre Handlungsweise für ewige Zeiten nicht bloß im Volksmunde mit Unwillen genannt, sondern auch in die Geschichtsbücher mit Ausdrücken wohl­verdienten Tadels eingetragen werden wird.

Und das alles, um sich einen verhältnismäßig recht geringen Gewinn nicht entgehen zu lassen!

IV. Das Berliner Ortsstatut zum Schutz gegen Verun­staltung, auf welches ich vor Jahr und Tag bei Besprechung des Ge­setzes vom 15. Juli 1907 hingewiesen, ist nunmehr vom Berliner Ma­gistrat beschlossen worden, und wird, wohl angewendet, seine heilsame Wirkung nicht verfehlen, ob es gleich sehr milde gefaßt ist.

Leider wird sich der Schutz auf die fiskalischen Gebäude, soweit es sich um deren Abbruch oder doch sonst wesentliche Umänderung handelt, nicht anwenden lassen. Und gerade der Staat ist es, der hier wieder­holt mit schlechtem Beispiel vorangegangen ist (vgl. z. B. Seehandlungs-

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