Heft 
(1910) 18
Seite
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12. (3. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjalires.

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und llofkavalierc sich mit dem bescheidenen einstöckigen Bau und kleinen Zimmern begnügen mußten. Das eigentliche Schloß, ein längliches Hechteck, an den Langseiten mit je fünf, an den Schmal­seiten mit je vier Fenstern, sieht trotz seiner großen, hellfarbigen architektonischen Schlichtheit vornehm aus Ks ist um die Wende des 18. zum 1!>, Jahrhunderts in dem hauptsächlich durch Unger in Berlin vielfach vertretenen Stil erbaut, in einer frostig anwehenden Klassizität, die ja aber auch bei uns seit einigen Jahren wieder aufgelebt ist.

Das Innere heimelte mehr an, da es neben den steifen und unbequemen Stilformen des Directoire und des Kmpire auch bequeme Möbel aufwies. Die besten Sachen sind auf mehreren Möbelwagen fortgcscluift worden, auch die zahlreichen Ölbilder, Kupferstiche, Gouachen und Aquarelle, deren Spuren man noch an den verblaßten Tapeten deutlich sicht.

Aus diesen mit Chinoiserien, Vögeln, Rokokowerk usw. bedeckten lapiertapcten ersieht man, das ein Teil der Vorliebe für dergleichen ostasiatischen Schmuck sich von der Rokokozeit her hierher über­tragen hatte. Das ist alte brandenburgisch-preußische Tradition, schon der Große Kurfürst liebte dergleichen, noch mehr sein Sohn König Friedrich I., und wenn dessen Sohn, der martialische König, allen ausländischenAlefanzereien, wie er selbst sagte, abhold war, so findet sich dieselbe Geschmacksrichtung vergleiche Sans-Souci erst recht wieder bei seinem großen Sohne.

Man kann die beiden Ilauptstockwerke des Schlosses noch gut dahin unterscheiden, daß das untere im wesentlichen für die zweite Gemahlin Friedrich Wilhelm II., die in Irenzlau im Haus Nr. 40!) am Markt, jetzt Schwanenapotheke, im Jahre 1751 geborene Prinzessin Friederike Luise von II essen Darmstadt, bestimmt gewesen ist, das obere Stockwerk für den jeweiligen Besuch der Königin Luise, Gemahlin Friedrich Wilhelms III.

Königin Friederike Luise hatte ein Faible für Freienwahle, der Ort verdankt ihr in bezug auf Anlagen und Wohltätigkeit vieles. Dr. Ileidekker schreibt im Jahre 1795, die Königin habe die Lage des späteren Schloßberges so reizend gefunden, daß sie von 1790 bis zu dem genannten Jahre alljährlich über sechs Wochen während der Badezeit in Freienwalde zubraebte und die Wohnung des Ober­försters Wiprecht, die zu diesem Zweck erweitert und eingerichtet worden war, bewohnte. Sie ließ zugleich neben der Oberförster­wohnung eine geschmackvolle Sommerwohnung bauen, die aus einem Saale, vier Kabinetts und einer Küche bestand. Das ist derPa­villon.

Erst nachdem Friedrich Wilhelm II. am 10. November 1797 zu Potsdam gestorben, dachte die königliche Witwe daran, sich zum Witwensitz ein eigenes, bescheidenes Schloß zu bauen, das sie bis zu ihrem Ableben am 25. Februar 1805 bewohnte und das wir nun