Heft 
(1910) 18
Seite
399
Einzelbild herunterladen

12. (3. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres. 399

zum Abschiede, ehe es aus dem Besitz des brandenburgisch-preußischen Hauses recht betrübsamer Weise ausscheidet, noch einmal von Küche und Keller bis zum Dach durchwandern, mit dem Ausdruck des Beklagens, daß damit ein gut Teil hohenzollerscher Erinnerung in Stadt und Land des Oberbarnim zu Grabe getragen wird, vom vater­ländischen Standpunkt aus höchst bedauerlicher Weise.

Obwohl, wie schon gesagt, der beste Hausrat fortgeschafft worden ist, so findet sich doch noch manches haus- und kulturge­schichtlich interessante Stück vor. Wir betreten im Erdgeschoß nach einem kleinen Vorraum, der wie die meisten Staatszimmer im Gegensatz zum Schloß Paretz parkettiert ist und deshalb von profanen Besuchern nur mit Filzparisern betreten werden darf zunächst das Ankleidezimmer, dann den Speisesaal, der mit schönen Spiegeln und Lüstern geschmückt war, welche die Hofkammer mit- fortführte. Porträts, darunter eins des Kaisers Alexander von Rußland, sind ebenfalls nicht mehr da, die dagebliebenen Möbel mit einfachem, buntem Zitz im Empire-Charakter. Folgt das Königszimmer, in welchem sich noch ein großes Kabarettbrett befindet, bunt bemalt nach der Erfindung des bekannten Berliner Künstlers und Technikers Stobwasser, dessen Erzeugnisse bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts geschätzt und beliebt, zurzeit wieder Mode und viel­begehrt sind als Biedermaierzeiterzeugnisse.

In dem anstoßenden Toilettenzimmer zeigt sich ein einfacher, aber für die Zeit stilistisch interessanter Nähtisch und Wäscheschrank, beide angeblich von der Königin benutzt. Hieran schließt sich das Balkonzimmer mit einem seltsamen Schreibtisch, den die Königin Luise benutzt hätte: ein Halbrund mit sechs Vertiefungen für Topf­blumen und eigentümlichen Auszugklappen. An der Wand zwei schöne Wedgewood-Leuchter hellblau mit aufgelegten weißen mytho­logischen Figuren, wie überhaupt von diesen vortrefflichen englischen Steinguterzeugnissen auch sonst noch einige wohlerhaltene Stücke da sind. Nicht viel taugen dagegen verschiedene Alabasternippes- Schalen mit Täubchen u. dgl.

Den Anschluß bildet ein Arbeitszimmer und ein chinesisches Zimmer, das noch einige alte Möbelstücke mit alter chinesicher Arbeit enthält, die mindestens in die Zeit des Alten Fritz gehören, viel­leicht aber noch erheblich älter sind, leider im Äußeren vernach­lässigt und deshalb unscheinbar, nur für den Kenner schätzbar. Auch ist hier ein gestickter Ofenschirm, sogenannter Vorsetzer, an dem die Tapissericnadeln der Prinzessinnen und Hofdamen sich in den nicht seltenen Mußestunden versucht haben mögen. Aus einem Vorzimmer betreten wir das zweite Stockwerk, welches fast noch mehr historische Raritäten, trotz aller Ausräumung, aufweist. Es sei mir gestattet, hier eine feine Bemerkung Theodor Fontanes bei seiner Beschreibung dieses Schlößchens einzuschalten.In den Zimmern zerstreut stehen alte Erinnerungsstücke, oft mehr absonderlich, als schön und mehr bemerkenswert um der Personen willen, denen sie