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12. (3. ordentliche) Versammlung des XVIII. Vereinsjahres.
zugehörten, als um ihrer selbst willen. An solchen eigentümlichen Wertstücken sind die Schlösser der Ilohenzollem reich, und wie in manchem anderen, so gibt sich auch hierin eine Eigentümlichkeit ihres Hauses zu erkennen. Sie haben nämlich nicht das Bedürfnis, sich ausschließlich mit hoher, mit besternter Kunst zu umgeben, sondern mit Bereitwilligkeit, ja mit Vorliebe fast gönnen sie auch dem Niedriggeborenen in der Kunst, den mit schüchterner Hand geschehenen Versuchen den Zutritt in ihr Haus. Wer die Zimmer kennt, die Friedrich Wilhelm III. zu bewohnen pflegte, wird diese Bemerkung am ehesten verstehen. Es spricht sich beides in dieser Erscheinung aus — ein Mangel und ein Vorzug. I)ie Ilohenzollern waren nicht immer ästhetisch-feinfühlig, aber sie waren jederzeit human.“ — Ein wahres Wort, das jedem auch bei Kaiser Wilhelm dem Großen vor die Seele tritt, wenn er in Schloß Babclsberg und im Flatowcr Turm daneben eine Umschau hält.
Dergleichen Erinnerungsstücke aus der guten alten Bicder- maierzcit und deren unmittelbarer Vorepoche befinden sich im Schlößchen noch mehrere, auf die Fontane ausdrücklich hinweist, noch heute, glücklicherweise — möchte ich gleich beifügen—in den nunmehr aufgefiihrten Bäumen. Da ist das Vogelzimmcr, wegen der grellen Paradiesvögel, Papageien usw. so benamset, dann noch ein Zimmer mit zwei Möbeln, die Fontane als „komplizierte Stroh- Nähtische“ bezeichnet. Sie enthalten eine Menge kleiner Fücherchen, alles bunt benäht mit Strohblumen, Girlanden u. dgl. Man muß es schon glauben, denn auf dem einen steht im Strohgeflecht J. M. Luise 1803 und auf dem zweiten, womöglich noch krauser zusammengesteppten die Bezeichnung:
A. W. A.
Kön. von I’reu.
1803.
Was die Signatur A. W. A. bedeutet, sagt uns vielleicht ein findiger Chiffrierer. Ein weiteres Zimmer enthält ein seltsames Sofa mit steilen Rohrwänden, das in ein Ruhebett verwandelt werden kann, und eine Art von Chaiselongue, zusammengestellt aus einem bequemen Polsterlehnstuhl und Vorgesetztem Polstersessel ohne Lehne, auf der, wie der Führer versichert, oftmals die königliche Dulderin geruht haben soll. Jedenfalls haben nach ihr noch viele diese Chaiselongue benutzt, denn ihr Überzug befindet sich in einem beklagenswert defektem Zustand, während viele andere Polstermöbel tadellos erhalten sind. Ich schließe die Reihe der noch vorhandenen Andenken mit zwei Mahagoni-Möbeln, einem Geldschrank, d. h. einem gewaltigen Schrcibsekretär, der eine unglaubliche Menge von kleinen Gelassen, darunter mehrere verschmitzte Geheimfächer, enthält. Endlich wird dem königlichen Tischler-Kronprinz (Friedrich Wilhelm IV.) der Tisch zugeschrieben, aus dessen Platten, wie Fontane schreibt, durch Druck und Zug sich eine Stehleiter, horribile dictu,