Heft 
(1907) 16
Seite
2
Einzelbild herunterladen

2 14. (9. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Westend verkündet sie uns durch den Mund der Kinder und alten Mütterchen:Hier neben der umgitterten Kapelle ruht ein reicher

Mann*) mit seiner Familie; der hat der Kirche soviel Geld vermacht, daß sie ihm einen eigenen Friedhof auf dem Friedhof herrichten ließ.

Nördlich davon, auf dem Fürstenbrunner Wege**) sieht man wohl zuweilen zwischen 12 und 1 Uhr nachts eine hochragende Gestalt zur Quelle wandeln. Es ist der Große Kurfürst; er trägt einen Becher in der Hand, mit dem er das köstlich reine Wasser, das ihn oftmals labte, aus dem Brunnen schöpfen will.

Von einigen Vertiefungen im Park des Schlosses Ruhwald sowie auf dem benachbarten Bechmannschen Terrain ging früher die Sage, dort hätten die Franzosen Brunnen angelegt. In einem jetzt zuge­schüttetenFranzosenbrunnen im Bechmannschen Park soll sogar vor vielen Jahren ein Mann, der die Sache untersuchen wollte, versunken sein. Tatsächlich haben die Franzosen auf Befehl des Marschalls Victor im Jahre 1808 auf Westend ein Lager aufgeschlagen und bei dieser Gelegenheit eine Anzahl Brunnen (Ziehbrunnen) angelegt.

*) Der Schöpfer des Schlosses Ruhwald, Herr L. von Schaffer-Voit, kaufte einen Teil des Friedhofs an und ließ darauf für sich und seine Familie ein Erb­begräbnis erbauen.

**) Der Fürstenbrunner Weg, auch die vor kurzem für die Vorortstrecke Lehrter- Bahnhof Spandau angelegte HaltestelleFürstenbrunn verdanken ihren Namen einer in unmittelbarer Nähe der Station am Nordabhang der Grunewaldebene ent­springenden Quelle, deren Wasser sich durch eine so außergewöhnliche Reinheit aus­zeichnete bzw. noch auszeichnet, daß die Volkssage behauptet, sie komme von weit her, aus dem Harze; sie habe nicht einmal Eisengehalt wie andere märkische Quellen. Die letzte Behauptung ist nach den Untersuchungen von Fresenius u. a. tatsächlich richtig. Der Große Kurfürst soll die Quelle bereits gekannt und benutzt haben. Am 15. 5. 1857 beantragte daher das Polizeiamt von Charlottenburg bei der Regierung für die Anlage in der Nähe der Quelle den Namen .Fürstenbrunn, der laut Verord­nung vom 25. 7. 1857 auch genehmigt wurde.. Die Quelle selbst ist auf der Henning- schen Karte vom Jahr 1719 alsSpringbrunnen angegeben, und in einer von Gund- lach (Geschichte der Stadt Charlottenburg 1905) mitgeteilten Eingabe der Charlotten­burger Stadtverordneten vom 10. 12. 1718 werden bereits die beiden vor der Quelle angebrachten männlichen Figuren (Männekens) erwähnt, durch welche das Wasser in einer nicht eben anständigen Weise seinen Lauf nahm. Zur Zeit Friedrichs des Großen (seit 1760) stand in der Nähe des Sprudels eine von Peter Eriedrich Damm, einem Armeelieferanten, erbaute Lohmühle, die später ahbrannte. Vielleicht hängt damit die Sage zusammen, das Haus neben der Lohmühle (das später ,.alte Schützen­haus) habe dem alten Fritzen gehört und er habe dort seinArchiv gehabt. Zur Zeit wird das Quellwasser zur Herstellung des allgemein beliebten Fürstenbrunner Tafelwassers sowie der Fürstenlimonade und eines Sauerstoffwassers benutzt. 1890 erhielt die Direktion von Fürstenbrunn den Titel eines Hoflieferanten des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen. Kaiser Wilhelm II. nimmt das Fürstenbrunner Tafelwasser sogar mit auf die Reise, selbst auf seinen Nordlandsfahrten; auch in Rominten darf es nicht fehlen. So führt denn die Quelle, die übrigens pro Tag etwa 17 000 Liter liefert, den NamenFürstenbrunner Quelle noch heut mit Recht.