6 14. (9. außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
Bechmannschen Terrain von dem Charlottenburger Ackerbürger Sasse ein Grundstück von 24 Morgen und vergrößerte dasselbe später durch Zukauf. In den Jahren 1867 und 68 ließ er dort durch den Baumeister Schwatlo das Schloß Ruhwald erbauen. Als König Wilhelm I. einst während des Baues vorüberfuhr, rief er aus: „Welcher verrückte Mensch will denn da bauen?“ Später änderte er sein Urteil; er erschien sogar im Schlosse Ruhwald, um es zu besichtigen und den Park kennen zu lernen. Bei dieser Gelegenheit äußerte er: „Ich bin ganz überrascht, einen landschaftlich und parklich so entzückenden Punkt in Ruhwald zu finden.“ Inzwischen war für Westend der Vorfrühling der Gründerzeit angebrochen. Die 1866 durch Werkmeister begründete „Kommanditgesellschaft anf Aktien, Westend genannt“, die einen Stadtteil für die wohlhabenden Klassen anlegen wollte, wurde durch die kriegerischen Ereignisse desselben Jahres ungünstig beeinflußt und löste sich bald auf, und nun entstand (1868) die „Neue Westendgesellschaft“, von Quistorp und Scheibler ins Lehen gerufen. Ludwig von Schäffer-Voit gehörte nicht zu diesen „Gründern“, obgleich er ihren Bestrebungen im allgemeinen wohlwollend gegenüberstand; er verkaufte der Gesellschaft sogar 80 000 Ruten Landes. Was ihn von jenen unterschied, war vor allem der Umstand, daß ihm nie die Mittel ausgingen. So gelang es ihm denn, eine Oase in der Wüste und das großartigste Bauwerk der Gründerzeit zu schaffen, das noch heut eines Fürstensitzes würdig wäre, während die Quistorpsche Gesellschaft 1873 verkrachte. Für seinen Park ließ er aus den entferntesten Teilen der Welt die auserlesensten und seltensten Bäume (z. B. amerikanische Nadelhölzer) kommen; gegen 100 000M. kostete ihn die unscheinbar den Park umgebende Mauer, und etwa die gleiche Summe erforderte die Anlage des sog. Denkmals, eine der Bastei und dem Kuhstall nachgebildete künstliche Felsgruppe, die zum größten Teil aus Backsteinen aufgeführt und mit einem sandsteinähnlichen aus Kalkmörtel und Zement bestehenden Überzug bekleidet wurde. Auch einige Rüdersdorfer Kalkblöcke scheinen Verwendung gefunden zu haben. Die Volkssage machte aus dieser Felsgruppe ein Denkmal für den im deutsch-österreichischen Feldzuge gebliebenen Sohn des Schloßherrn.
Das Schloß enthält 30 Zimmer, das in einiger Entfernung davon stehende Kavalierhaus deren 40. Die Standbilder an der grossen Freitreppe sind Werke Calandrellis.
ln den Stuckverzierungen der 7 Zimmerdecken kehrt häufig das Bild des Schwanes, des Schäfler-Voitschen Wappentieres wieder. Das Wappen zeigt unten 2 Schwäne, deren Hälse sich verschlingen, im oberen linken Feld einen Stern und im rechten Lanze und Fahne.
1870 zogen 2 Söhne Ludwig von Schäffer-Voit in den Krieg, der ältere Walter, als Leutnant beim 1. brand. Dragoner-Regiment Nr. 2 (Schwedter Dragoner), der jüngere, Edgar, im 4. Kürassierregiment.