Heft 
(1907) 16
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14. (». außerordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Der Betrieb wurde eingestellt, und da Johann Hoff die Kaufsumme nur zum Teil erlegt hatte, fielen Schloß und Park wieder an seinen früheren Besitzer zurück. War schon während der Hoffschen Periode der wertvolle Baumbestand des Parkes vielfach beschädigt worden, so brach für das Schloß nach Aufgabe der Restauration eine Leidenszeit an. Da es an Aufsicht fehlte, wurde alles, was nicht niet- und nagel­fest war, von diebischem Gesindel geplündert und geraubt, selbst die Hähne der Wasserleitungen. Endlich brachte v. Schäffer-Voit wieder Ordnung in die Verhältnisse. Nachdem das Schloß längere Zeit leerge­standen hatte, wurde es von einem Dr. Levinstein zur Nervenheilanstalt eingerichtet. Nun begann Ruhwalds fröhlichste Zeit; denn Levinstein war ein geselliger Mann, und gar oft wehte dieBesuchsfahne lustig auf der Zinne des Schloßes.

Endlich erwarb im April 1895 Herr Bankier Siegfried Abraharas- sohn die Besitzung. Er stellte sich die Aufgabe, Schloß und Park in dem Zustande zu erhalten, in der er sie übernommen, und hat diese Aufgabe bisher glänzend gelöst. Leider wird das Bestehen des Parkes durch den neuen Bebauungsplan für Westend gefährdet. Herr Abrahams- sohn, der auch östlich vom Schloß noch ein Terrain von 36 Morgen, im ganzen also 60 Morgen besitzt, wird voraussichtlich durch die Verhält­nisse, besonders durch den steigenden Bodenwert genötigt werden, das Terrain zu veräußern.

Die Anlage der Döberitzer Heerstraße hat die Bautätigkeit im Westen Charlottenburgs (Neuwestend) aufs neue mächtig angeregt, und die Baugesellschaft (Groß-Berlin), hinter welcher mehrere respektable Banken (Deutsche Bank, Dresdener Bank, Schaffhausener Bankverein und die Neue Westend-Aktiengesellschaft) stehen, bürgt dafür, ,daß Er­eignisse wie die im Jahre 1873 nicht eintreten werden. Charlottenburg folgt unaufhaltsam dem Zuge nach dem Westen. Im Oktober 1908 soll die Untergrundbahn bis Platz F (gegenüber dem Schlosse Ruhwald fertig gestellt sein; man rechnet demnach -auch wohl auf entsprechende Fortschritte der Bautätigkeit auf Westend. Sollte sich da nicht das Bedürfnis ergeben, würdige Räumlichkeiten für künstlerische oder wissen­schaftliche Zwecke, vielleicht für ein Museum zu besitzen? Jetzt wäre es Zeit, der Stadt Charlottenburg durch Erwerbung des Schlosses Ruh­wald und seines Parkes, der so vor der drohenden Parzellierung ge­rettet werden könnte, einen höchst wertvollen Besitz zu sichern. Hoffent­lich verhallt dieser Appell an die städtischen Behörden nicht ungehört! Binnen kurzem wird sich neben Schloß Ruhwald die Bismarckwarte mit dem Standbild des größten aller deutschen Staatsmänner, des Mannes mit demweiten Blick erheben. Sollten diejenigen, welche den Bau dieses Denkmals anregten, die also wahrscheinlich nicht nur Verehrung, sondern auch Verständnis für die Eigenart des Altreichskanzlers be-