Heft 
(1907) 16
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15. (6. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

nächsten Wagen bis ins Angesicht des Feindes, worauf die Kosaken auch sogleich Order erhielten, den Feind zu attackieren. Dieser Offizier dankte mir höflichst, nachdem ich ihm in der Person eines Mühlenbesitzers einen neuen Wegweiser angeschafft hatte, der diese Gegend besser kannte als ich. Er reichte mir darauf seine Rumflusche, schrieb meinen Namen in seine Brieftasche und entließ mich unter wiederholten Dank­sagungen. Ich hatte aber kaum meinen Rückweg angetreten, als der Kannonendonner mir bemerklich machte, diesen zu beschleunigen; ich kam zwar wohlbehalten und unverletzt nach Hause, mußte aber teils wegen Mangels an Lebensmitteln, das Haus sogleich wieder verlassen, da meine vorgedachten Gäste auch nicht einen Anbiß übrig gelassen, andererseits, um mir schleunig ärztliche Hilfe zu verschaffen, weil meine Frau infolge der großen Anstrengungen hoffnungslos danieder lag. Mit Gottes Hilfe und dem stets gehegten Glauben, daß alles Mißgeschick nur vorübergehend ist und daß auch wiederum bessere Zeitumstände eintreten würden, habe ich alle Leiden und Drangsale glücklich über­standen und danke jetzt täglich dem Allmächtigen dafür sowie für fort­währende Erhaltung meiner Gesundheit.

Picheis berg gehört postalisch zu Spandau, Ruhleben, der Pichels- werder und Pichelsdorf gehören zum Kreise Teltow.

VI. Aus Spandau gehen uns folgende heimatkundlichen Mit­teilungen unter dem B. d. M. zu.

Der dritte ortsgeschichtliche Vortrag über alte Vororte und Ort­schaftenvor Spandow, den Herr Oberpfarrer Recke am Dienstag-Abend im Gemeindesaal der Nikolaikirche, Heinrichsplatz 8, hielt, war sehr zahlreich besucht. Der Vortrag begann mit der Schilderung des alten Kietzes und der altenKietzer, eines ursprünglich heidnischen, wendischen (slawischen) Fischervolks, das sieben Jahrhunderte, hindurch bis in die Zeiten des christlichen, deutschen Markgrafen Albrecht des Bären, des Erbauers der Schloßburg Spandau, die Havel- und Spree­gegend besetzt hielt. Wendisch ist Berlin (to dem Barlyn = Stelle am Flußgitter), wendisch ist Potsdam (pod dubimi = unter den Eichen), wendisch ist Spandau (Szpandow = Zusammenfluß), wendisch istKietz (Keitz) = Fischerhütte, Fischerdorf. Bei der Germanisierung der Mark im zwölften Jahrhundert wurden die zurückbleibenden Wenden Kietzer, ihre Ansiedlung lag, in eine besondere Dorfgemeinde zusammen­gefaßt, in ältester Zeit unmittelbar vor der Burg und Stadt zwischen Ilavel und Spree, dann seit Erbauung der Zitadelle 1560 auf dem Damm bezw. vor demKlostertor auf und neben demBurgwall (die Stätte wird noch heute auf den Karten alsKietz,Kietzer Feld bezeichnet); im Jahre 1816 wurden dieKietzer in dem Fischerdorf Tiefwerder angesiedelt. DerDamm am Behnitz und Kolkvor Spandow wurde erst 1875 mit der Stadt vereinigt. Das Dorf Tiefwerder