Heft 
(1907) 16
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15. (6. ordentliche' Versammlung des XV. Vereins]ahres.

Nachricht von der Niederlage der Hauptarmee unter dem Herzog von Braunschweig bei Auerstedt und der Korps des Fürsten Hoheuhohe und des Generals v. Rüchel bei Jena enthielt. In Berlin war am 17. ein Kourier Leutnant v. Dorville eingetroffen, der die Meldung von dem un­glücklichen Ausgang der Schlacht brachte.

Eine gewaltige Unruhe bemächtigte sich der Berliner, niemand blieb zu Hause, die ganze Bevölkerung befand sich auf den Straßen, überall sah man angsterfüllte Gesichter. Am nächsten Morgen, den 18. Oktober erblickten die Berliner an den Straßenecken Zettel, die ihnen in aller Kürze das Unglück Preußens verkündeten:

Der König hat eine Bataille verlohren. Jetzt ist die Ruhe die erste Bürgerpflicht. Ich fordere die Einwohner Berlins dazu auf. Der König und seine Brüder leben!*) Berlin, den 17. Oktober 1806.

Graf v. d. Schulenburg.

Der Staatsrat wurde versammelt und beschloß, nach Stettin zu gehen und die besten Effekten, die Kassen, die Hauptdokumente des Archivs in Sicherheit zu bringen. Die Garnison von Berlin, 7 dritte Bataillone, räumte am 19. Oktober die Stadt und marschierte unter dem Befehl des Grafen von der Schulenburg über Bernau, wo die Truppen spät abends eintrafen, in Eilmärschen nach Stettin.

Bereits vor der Ankunft der Königin hatten ihre Kinder am 17. Oktober nachmittags 3 Uhr auf Drängen des Ministers v. Schulen- burg-Kehnert Berlin verlassen; es waren dies der Kronprinz mit seinen vier Geschwistern, Prinz Wilhelm geb. 1797, Prinzessin Charlotte geb. 1798, Prinz Karl geb. 1801, Pxiuzessin Alexandrine geb. 1803. Auch die vier Vettern und Cousinen der königlichen Kinder, Prinz Friedrich von Preußen mit seiner Schwester Friederike (Kinder des verstorbenen Prinzen Ludwig von Preußen aus seiner Ehe mit der Prinzessin Friede­rike von Mecklenburg, Schwester der Königin Luise) sowie deren Stiefgeschwister Prinz Friedrich Wilhelm und Prinzessin Auguste von Solms-Braunfels gehörten mit zur Reisegesellschaft. Man fuhr über Bernau, Angermünde nach Schwedt.**)

Die Königin verließ am nächsten Morgen 18. Oktober früh 6 Uhr Berlin und fuhr ebenfalls nach Schwedt, wo sie mit ihren Kindern zu­sammentraf. Dort begrüßte sie ihre Kinder mit den Worten:Ich be­weine das schwere Geschick, das uns betroffen hat. Der König hat sich

*) ivD er König und seine Brüder leben! sollte keinen Hochruf ausdrücken, sondern damit gesagt sein, daß sie am Leben sind.

**) Vergl. Hohenzollernjahrbucb IX. Jahrgang 1905.