16. (7. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 57
und Herzog von Belluno, teilt u. M. Herr O. Monke uns noch folgendes mit, gleichzeitig zu seinem in Schloß Ruhwald am 9. v. M. gehaltenen Vortrag. Der gegen Blücher ausgewechselte General Victor folgte Napoleon nach Ostpreußen und nahm u. a. an der blutigen Schlacht bei Friedland teil. Als die russische Garde, die sich in einen Hinterhalt gelegt hatte, hervorbracb, warf sich eine Division der von Victor befehligten Reservetruppeu auf sie, durchbrach sie und trieb sie in die Flucht. Victor aber erhielt bei Friedland den Marschallstab. Nach dem Frieden von Tilsit war er einige Zeit Gouverneur von Berlin. Im Jahre 1808 legte er westlich von Charlottenburg auf dem Spandauer Berge bei dem heutigen Westend ein großes Lager an (die „Napoleonsburg“). Bei dieser Gelegenheit wurden dort oben die „Franzosenbrunnen“ gegraben, Ziehbrunnen von erheblicher Tiefe. Die Erinnerung an diese Brunnen hat sich in Charlottenburg bis auf den heutigen Tag erhalten; sie knüpft sich indessen an die wahrscheinlich durch Lehmausschachtung entstandenen tiefen Gruben im Parke des Schlosses Ruhwald und eines Nachbargrundstückes. Einer dieser „Franzosenbrunnen“ wurde um 1850 untersucht. Dabei fiel einer der Herren hinein und konnte nicht wieder hervorgezogen werden. Er soll eine goldene Uhr nebst Kette getragen haben, woraus übrigens nach weiteren 50 Jahren ein „Goldschatz“ werden dürfte, dem die Schatzgräber nachspüren.
XIII. Aus ähnlicher bewegter Zeit lege ich ihnen aus der Zeitschrift „Der Tag“ vom 20. v. M. ein Bild vor betitelt: „Das alte Potsdamer Tor. Aquarell um 1810. Aus der Ausstellung Alt-Berlin im königlichen Kupferstich-Kabinet.“ Indem ich die Brandenburgia-Mitglieder dringend ersuche, diese in Orts- und kulturgeschichtlicher Hinsicht recht lohnende Ausstellung zu 'besichtigen, füge ich hinzu, daß das Bild die Aussicht nach dem Potsdamer Platz zu im Sinne hat; hinten auf dem Platz stand lange die bekannte, vor mehrerer Jahren zwecks Verbreiterung des Platzes abgerissene Linckesche Apotheke. Das schmale hohe Haus auf dem Bilde schwebt allen Berliner noch in der Erinnerung vor. Das aus derben Bohlen mit starken Türangelbändern beschlagene Tor ist geschlossen. Rechts und links die gemauerten Torpfeiler mit römischem Trophäenschmuck und dem aufsteigenden preußischen Adler „nec soli cedit“ darüber. Daran schließt sich die Stadtmauer rechts und links an, Ziegelwerk mit einfach geometrisch verziertem Abputz. Das Tor ist aber von innen verbarrikadiert und zwar durch eine 1 bis 5 m hohe Erdanschüttung, vor der die beiden Schilderhäuser umgekippt auf dem Erdboden liegen und noch zur Verstärkung drei Pallisaden- stämme eingepflanzt sind. Auf der Anschüttung stehen zwei französische Soldaten feldmarschmäßig und mit wunderlicher Bekleidung ausgerüstet. Einer scheint durch das Schlüsselloch des Tores zu lugen, der andere sieht nach dem später sogenannten Leipziger Platz, damals als das Achteck