16. (7. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.
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Anno 1722, den 18. Mai, durch ein herrenloses Faß mit 107 Büchern, das bisher unerkannt und ungeöffnet „vor dem Ribbek’schen Erbbegräbnis in der Kirche gestanden hatte“! Die Bibliothek zählte nach dem Katalog von 1847 (leider ist die Bibliothek nicht nach sachlicher Ordnung, sondern nach dem Format der Bücher numeriert) 2665 Bünde, und zwar theologische, philosophische und historische in Folio 216, in Quart 578, in Oktav 1571, in Duodez 262, in Sedez 38. Neuerdings weist der Etat der Nikolaikirchenkasse jährlich 100 M. zur Beschaffung neuer Bücher auf. Die alte Bibliothek umschließt manch seltenes Werk: alte Mönchshandschriften, die mit Ketten an den „Pulpeten“ befestigt wurden, alte Bibeldrucke von 1482, alte Reformationsschriften, Luthers Werke, drei magische Manuskripte, alte Reise-, Geschichts- und Schulbücher, dazu als „höchst rares Buch“ „des Königs Friedrichs des Einzigen ehemalige Fibel in Englischem rot saffianem Bande mit vergoldetem Schnitt, der Jahreszahl auf dem Bande 1715 und der Aufschrift Friedrich Cronprinz“. Alte Globen, Mineralien und Bildwerke (darunter eines den „Herrgott darstellend) fehlen nicht. Auch die handschriftliche Chronik Daniel Friedrich Schulzes war ursprünglich als Geschenk seiner Ehefrau der Kirchenbibliothek einverleibt. Manch seltenes Buch ist im Laufe der Jahre verschwunden. Die Fibel Fi'iedrichs des Großen ist unauffindbar. Die seltene Papierhandschrift: „Das apokryphe Evangelium des Nikodemus“ wurde 1876 dem Märkischen Provinzial-Museum zu Berlin als Geschenk überwiesen. — Nachdem noch der Vortragende die Frage nach den aus- gehölten „Rundmarken“ und „Schleifrillen“ — sie befinden sich in einer Anzahl von mehr als fünfzig an dem untern äußeren Mauerwerk der Kirche, unmittelbar rechts von der Eingangstür zum Kirchenboden, wahrscheinlich Zeugen alten Volksaberglaubens, welcher den Staub von geweihten Mauern für eine Arznei zur Heilung gewisser Krankheiten hielt — beantwortet hatte, nahmen Hunderte aus der Zahl der dankbaren Zuhörer mit lebendigem Interesse die Antiquitäten der Kirche, die ausgestellten Geräte und Bücher, endlich die alten Räume der „Kirchen- liberey“ (Bibliothek) selbst, jetzt in der obern südlichen Sakristei befindlich und von dem Küster Herrn Perwitz für den Abend mit hellem elektrischen Licht versehen, in Augenschein.
Die ortsgeschichtlichen Vorträge werden voraussichtlich im Winter 1907/1908 ihre Fortsetzung finden.
Möge nicht bloß dies in Erfüllung gehen dank den unermüdlichen Bemühungen u. M. des Herrn Oberpfarrers Recke, sondern auch das rühmliche Beispiel in recht vielen anderen brandenburgischen Städten zur Belebung der Liebe und der Erforschung unserer teuren Heimat nachgeahmt werden,
XVII. Die Zeichen und Marken der fahrenden Leute (Zigeuner, Landstreicher u. s. f.)