Heft 
(1907) 16
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17. (8. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Herr Rektor Monke wünscht die Verteilung kurzer, volks­tümlicher, belehrender Schriften in dem vom Vorsitzenden angedeuteten Sinne.

Im ganzen ergab sich als Ergebnis der Diskussion, daß die Brandenbnrgia für die Denkmalpflege und für die Erhaltung volkstüm­licher und heimatkundlicher Art in Land und Kleinstadt auf das wärmste eintritt und entsprechend dem § 1 Nr. C ihrer Satzungen allzeitig bereit ist, die ein Gleiches anstrebenden staatlichen, provinzialen und kommunalen Behörden bestens zu uhterstützen.

B. Persönliches.

IV. Unser Ehrenmitglied Geh. Reg. Rat Professor Dr. Alfred Kirchhoff, mit dem mich seit Jahrzehnten Bande der Freundschaft verknüpften, ist leider am 8. d. M. in dem Vorort Mockau bei Leipzig, wohin er sich vor drei Jahren, nach Aufgabe der ordentlichen Professur für Erdkunde in Halle, zurückgezogen, verstorben. Er wurde im Jahre 1838 in Erfurt geboren, studierte in Jona und Bonn Naturwissen­schaften und war dann Lehrer an mehreren Realschulen und Gewerbe­schulen. 1871 wurde er als Dozent der Eidkunde an die Kriegsakademie in Berlin berufen, um 1873 die Professur der Geographie an der Universität Halle zu übernehmen. Wenn heute die Erdkunde in den Schulen und auf den Universitäten als selbständige Lehrfächer bestehen, so ist dies hauptsächlich ein Verdienst Kirchhoffs, der unermüdlich die Bedeutung der Erdkunde hervorhob. Er entfaltete auf diesem'Gebiete eine reiche schriftstellerische Tätigkeit und gab u. a. unter Mitwirkung anderer Geographen eineLänderkunde von Europa heraus. Seit 1887 leitete im er Auftrag der Zentralkommission für wissenschaftliche Landes­kunde von Deutschland die Herausgabe derForschungen der deutschen Landes- und Volkskunde. Viel besprochen wurde in neuester Zeit eine Broschüre Kirchhoffs über den BegriffNation, worin er die Anschauung vertrat, daß nicht gleiche Abstammung oder gemeinsame Sprache, Religion und die gleichen geschichtlichen Wandlungen für sich eine Nation bilden, sondern daß dazu vor allem ein einheitlicher Landraum gehört, welcher seine Bewohner zu einer Einheit wirtschaftlicher Inter­essen zwingt.

Als langjähriger Vorsitzender der erwähnten Zentral - Kommission für wissenschaftliche Landeskunde von Deutschland, die mit dem deutschen Geographentag verbunden alle zwei Jahr mit diesem zusammen tagt, ist der persönlich außergewöhnlich hilfsbereite und liebenswürdige Ver­storbene auch der Brandenburgia näher getreten; er hat die Bestrebungen unserer Brandenburgia immer rühmend anerkannt, wir werden ihm, unserm Ehrenmitgliede, allzeit ein treues Gedächtnis bewahren.

(Die Versammlung erhebt sich zur Ehrung von den Sitzen.)