Heft 
(1907) 16
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17. (8. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

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ein ängstlichesKuck kuck kuliu beredten Ausdruck verlieh. Erst nach drei Tagen, als das Wasser abgefallen war, konnte das Tier aus seinem Gefängnis befreit werden. Halb erstarrt und vor Hunger hin und her taumelnd wurde es aufgefunden. Gegenwärtig ist das Wasser im Dorfe nach und nach soweit gefallen, daß die hochliegenden Besitzungen sowie die Dorfstraße vom Wasser ziemlich frei und nur wie von einem Eismeer eingeschlossen sind. Zweimal wäre demnach die Gefahr noch glücklich vorüber gegangen. Die dritte, und zwar bei weitem die größte Gefahr würde ein plötzliches Tauwetter biingen. Da die Eisversetzung bis auf den Grund geht, so dürfte sie hartnäckigen Widerstand leisten, wenn nicht vorher Maßregeln zum Schutze getroffen werden können. Der Dammbruch oberhalb von Schiedlo ist nach Abschätzung ca. 80 Meter breit.

Eine anschauliche Abbildung dieses Oderdammbruchs bringt die illustrierte Zeitschriftdie Woche. Übrigens ist inzwischen die Haupt­gefahr glücklich beseitigt worden.

Wir Berliner bleiben seit Jahren dank Vergrößerung und Ver­tiefung der Spree, Umregulierung der Schleusen und Tieferlegung des Grundwasserstandes sowie Durchführung der Kanalisation, von einzelnen bei Platzregen zeitweilig gefährdeten Stadtgegenden abgesehen, im großen und ganzen von Hochwassergefahr verschont. Doch entsinne ich mich, wie vor Jahren die Spree den Schiffbauer Damm derartig zerrissen, die Weidendammer Brücke und Albrecbtstraße überschwemmt hatte, daß Fußgänger nicht passieren konnten und den Droschken beinahe das Wasser in den Wagen drang. Noch zu meiner Zeit als Stadtrat habe ich ferner gesehen, wie das Holsteiner Ufer zwischen der Bellevue- und Lutherbrücke beide Brücken existierten damals noch nicht in solcher Weise von der Spree überschwemmt war, daß die Strecke nur von einigen Waghalsigen passiert werden konnte, welche den Sockel des Eisengitters des Bellevue - Parks zum Treten benutzten und sich dabei mit beiden Händen an den eisernen Gitterstangen festhielten.

Derartiges Hochwasser der Spree ist seither in Berlin nicht wieder beobachtet worden und steht aus den angegebenen technischen Gründen auch wohl niemals wieder zu gewärtigen.

X. Verhungertes Wild. Mit dem hohen Schneefall hängt die Not insbesondere des Rehwildes zusammen. Der Großherzoglich Mecklenburgische Forstmeister Graf Bernstorff machte in einem am 9. d. M. gehaltenen Vortrag über die Markierung des Wildes im Verein für Prüfung von Gebrauchshunden zur Jagd darauf aufmerksam, daß in diesem Jahr alles nicht lebenskräftige Wild zugrunde gehen würde. Auch in der Nähe von Berlin haben Förster und Ausflügler schon viele verendete Tiere aufgefunden; in der Tegeler Heide allein sah man sieben Rehe verhungert auf dem Schnee liegen. Für die armen Geschöpfe

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