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17. (8. ordentliche) Versammlung dee XV. Vereins] ahres.
vierziger Lebensjahre ab. Die Folgen davon sind oft recht traurige, indem der hartherzige Sohn — häufig ist die Frau und Schwiegertochter hierbei das treibende Element — den Eltern die diesen zustehenden Kompetenzen so viel wie möglich „beknappst“, so daß die Eltern mitunter genötigt werden, um nicht Hunger und fortgesetzt sonstiges Ungemach hülflos zu erdulden, gegen die gefühllosen Kinder den Klageweg zu bestreiten. Es sind mir Fälle bekannt geworden, wo die Eltern solchergestalt sich gezwungen sahen, bei den eigenen Kindern Knechtesund Magd-Dienste zu verrichten. Die Stadtbewohner erfahren von diesen traurigen Verhältnissen vieles. Durch die ehemaligen bäuerlichen Wirte, ihre langjährigen guten und befreundeten Kunden wird ihnen das ganze Elend in Gestalt von trostlosen Klagen vorgeführt Bei dem besonders früher, patriarchalisch zu nennenden Verhältnis zwischen der Stadt- und Landkundschaft kann ich mir wohl denken, daß die warnende Torkeule recht eigentlich für die in der Stadt regelmäßig verkehrenden Bauern und Bauerfrauen berechnet und gerade deshalb am Tor, durch welches die Landbevölkerung mit den Städtern verkehrte, am richtigen Platze war.
Die Form der Keule oder des Knüttels entsprach dabei vollkommen den Anschauungsgewohnheiten der Landleute. Denn die amtlichen Bekanntmachungen auf dem Lande wurden vom Dorfschulzen (Gemeindevorsteher) unter Benutzung einer Keule (Schulzenstock, Botenstock, \ Schulzenknüttel) — alles Ausdrücke für dieselbe Sache — von Hof zu " Hof befördert. Daher der Ausdruck „Der Knüppel geht .um.“ Der Bote schlug mit diesem Amtsstock an die Haustüren und richtete seinen Amtsauftrag aus. Mitunter waren die schriftlichen Aufträge an den Knüppel angeklebt, angesiegelt oder angebunden. Ließ der Schulzenbote den Schulzenknüppel, mit dem ein zum Umlauf in der Gemeinde bestimmtes Mandat verbunden war, bei einem der Wirte, so hatte dieser die Verpflichtung, den Umlauf weiter zu befördern, d. h. seinem Nachbar zuzustellen, bis schließlich der Knüppel zum Schulzen wieder zurückkehrte. Hie und da hat sich diese primitiv anrnutende Sitte noch bis auf den heutigen Tag erhalten. Sie hat bei uns mit dem Wendentum (vgl. Jahrg. XV. S. 359 des Monatsblatts) speziell nichts zu tun, sie ist uralt germanisch, slavisch und keltisch, kommt auch bei anderen Nationalitäten Europas und außerhalb Europas in Asien, Afrika, Australien und Oceaniens vor. So sah ich z. B. im Ethnologischen Museum zu Kopenhagen die Amtsstöcke, welche die dänische Regierung den Wildenhäuptlingen auf den Nikobarischen Inseln verliehen und die zurückgenommen wurden, als Dänemark diese Kolonie aufgab.*) Die Keule ist die
*) Diese Amtestöcke wurden gelegentlich mit Geboten der Begierung und der Häuptlinge gerade wie unsere Schulzekeulen herum geschickt. Bei afrikanischen Negerstämmen spielen dergl. Keulen und Amtsknüttel noch jetzt eine große Bolle. Die Keule dient als Zeichen der Würde und Gewalt.