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Kleine Milteilangen.
glocke“ — gedient haben, nach Einführung der Reformation wurden sie zum “Signieren“ („Anzeigen“) für den, Beginn des Turmgeläuta, zu Taufen, Beerdigungen, besonders aber zur liturgischen Fixierung der Vorlesung der sonntäglichen Perikopen, des Evangeliums und der Epistel, benutzt. Das Glockenseil war durch das Kirchengewölbe hindurch bis nach unten, geführt. Im Jahre 1837 außer Gebrauch gestellt, dienten die beiden Glocken zu Ende des Jahrhunderts dem Interimskirchlein der Luthergemeinde, der alten Friedhofskapelle, als Läuteglocken, jetzt befinden sie sich im „Kir.chenmuseum“ der Nikolaikirche oberhalb der Sakristei, der früheren Marienkapelle, als denkwürdige Antiquitäten. Die kleinere Glocke trägt als Jahr des Gusses die einfache Zahl 1430 in lateinischer Umschrift, dazu das heilige Zeichen des Kreuzes „zur Abwehr dämonischer Gewalten“, während die größere oben und in der Mitte mit 10 (4 -f 6) wohlerhaltenen, symmetrisch verteilten Medaillons geschmückt ist, die Verkündigung Mariä, die weihnachtliche Geburt Christi — mit Ochs und Eselein, — den Kreuzestod (unter dem Kreuz die beiden Marien), den Vogel Pelikan (Bild des Opfertodes), den Phönix (Bild der Auferstehung), einen Engel ipit dem heiligen Buch — darstellend. Einzelne Medaillons kehren in, wiederholter, Fassung, wieder. Die Glocken waren im Gemeindesaal aufgestellt und wurden von den Anwesenden mit lebhaftem Interesse besichtigt.
Der Vortrag wandte sich demnächst den beiden „Uhrglocken“ von St. Nikolai, hoch oben über der Turmhaube befindlich, zu. Der furchtbare Brand von 1740 hatte sämtliche Turmglocken fast gänzlich verzehrt; es waren ihrer „3 wohl harmonierende Glocken zum Geläut, 2 Uhrglocken und 1 Chorglocke“. Aus dem geretteten und gesammelten alten Glockenmetall (Bronze) wurden bald darauf 2 neue Uhrglocken im Gewicht von 27 (?) Zentnern 1 Pfund, bezw. 10 (?) Zentnern 37■/, Pfund für 349 Thlr. 16 Gr. 11 Pf. gegossen. Eine neue Uhr (Seiger) wurde beschafft, „die am 1. Juli 1745 zu viertel und ganzen Stunden zu schlagen anfing“. Die alte Turmuhr mußte im Jahre 1860 einer neuen weichen; die alten Uhrglpcken sind dieselben geblieben, noch heute, nach 160 Jahren, über Stadt und Gemeinde hin mit treubewährter Stimme die, verrinnende Zeit verkündend. W.elche Daten und Inschriften mögen die beiden Uhrglocken tragen? Vielleicht jenen ernsten Spruch der „Nürnberger Kirchenuhr: „una ultima“, eine die letzte? Niemand weiß es. Wer wagt todesmutig in des Turmes gewaltiger und dunkler Höhe die Untersuchung und Feststellung? — Der Vortrag gab an 3. Stelle von den „Läuteglocken“ der Nikolaikirche Bericht. Sie haben ihre besondere Geschichte. Die Chronik erzählt aus den Tagen des Kurfürsten Joachims II.: „Die Kurfürstin Elisabath, Joachims fromme Mutter, schenkte eine Glocke der alten Moritzkirche (jetzt Kaserne in der Jüdenstraße), den Hennigsdörfern, während der Kurfürst eine Glocke von St. Nikolai, 66 Zentner schwer, für sich selber, nämlich für seine neue Domkirche auf dem Schloßplatz zu Cölln an der Spree, einforderte“. Das bezügliche Schreiben Joachims an den sich sträubenden Rat der Stadt Spandau vom Tage „Cathedrae Petri“ (22. Februar) 1536 ist übrigens sehr energisch gehalten. Die „Spandauer Glocke“ („Schelle“) fand sonach in dem großen Läuteturm jener Domkirche (die „Glocke“ genannt) mit noch 9 andern ihre Stelle. Ihre Spur ist längst verweht. Das-