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Der Lucbauer Busch einst und jetzt.
den ganzen Sommer und Herbst bis in den Winter hindurch dauerte und Rezidive an der Tagesordnung waren. Es ist interessant mitzuteilen, welche Volkserfahrungen noch heute im Munde des Volkes leben. Es heißt: es wurden nur Personen krank, welche im Busch zu tun hatten. — Es wurden die Personen besonders befallen, welche sich sehr früh Morgens oder spät Abends im Busch aufhielten, vor allem die Pfänder und Hirten. — Wer im Kahne fuhr, bekam das Fieber leichter als die, welche auf den Ufern gingen; wer auf dem Kiebitzberge, einer sandigen Erhöhung im Busch, arbeitete, wurde meist verschont. — Namentlich im Juli ereigneten sich die meisten Erkrankungen; dieser Monat war sehr gefürchtet. — Wer anscheinend geheilt, wieder in den Busch ging, erkrankte von neuem. — Der Pfänder wurde das Fieber garnicht los. — Kinder erkrankten regelmäßig, wenn sie „im kleinen Bad“, einer Badestelle in der „Kahnfahrt“, abends gebadet hatten. — Nach großen anhaltenden Überschwemmungen, „wenn der Busch blank stand“, hörten meist die Erkrankungen auf, ebenso zum Winter, wenn es frühzeitig fror. Offenbar bildete der Busch einen Malariaherd schlimmster Sorte; die notwendige Arbeit zur Sommer- und Herbstzeit in diesem Terrain machte die Patienten immer wieder rückfällig. Was Wunder? wenn das Chinapulver, weil es nicht helfen wollte, in Mißkredit kam und dem Aberglauben Tor und Tür geöffnet wurde, um so mehr als die früher wendische Bevölkerung dazu sehr neigte. So galt als Volksmittel: Essen von rohem Meerrettich, von Salat (mehrere.Tage hindurch allein diese Speise), Essen von Mutterkorn, Roggenährenblüten (7 Stück), von Milchhirse (3 Tage hintereinander). — Sehr im Schwange war folgendes Verfahren: Der Patient mußte am Tage mittags 12 Uhr eigenen Urin ins Grab gießen, wenn jemand begraben wurde und dabei den Namen Gottes anrufen. — Ferner: wenn das Fieber garnicht nach- lassen wollte, sollte man an fließendes Wasser gehen zur Mitternachtszeit, sich Wasser über den Kopf gießen und dabei folgenden Spruch sagen: „Der Fuchs hat keine Lunge, die Taube hat keine Galle, hier lasse ich mein 77. Fieber fallen, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ Dies mußte 3 mal wiederholt werden. — Man sollte, „um das Fieber loszuwerden“, im Felde an eine Grenzfahre gehen, dort ein Loch graben, einen Löffel Salz in einen Lappen binden, diesen an den Mund nehmen und dann in das Loch legen, wieder Erde darüber werfen und dabei sprechen: „So vertrockne mein Fieber im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.“ — Es gab auch vielfach Symphatiemänner und -frauen, welche das Fieber versprachen. Im nahen Spreewalde existierten sogenannte kluge Frauen, welche in unserer Gegend einen großen Ruf hatten. Die größte Autorität besaß eine Frau in Burg. Sie gab ein Stückchen rohen Meerrettich, welchen sie „bepustete“, und den dann der betreffende Patient essen