Heft 
(1907) 16
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19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 105

Zeit den Wettlauf an, jeder durch einen der beiden Eingänge, um zu sehen, wer von beiden zuerst den Lauf vollendete. An der Stelle, wo sie sich begegneten, mußten sie durch eine Körperverbeugung sich geschickt ausweichen.

Alte Eberswalder wissen sich auch noch zu erinnern, daß von dem früher steilen Abfall des Hausberges nach Süden zu das sogenannte Eierrollen am Ostertag stattfand. Die Eier waren aber damals noch nicht wie heute bei unserem verwöhnten Geschmack vorwiegend aus Zucker, Schokolade oder Marzipan. Die Erinnerung einer alten Ebers- walderin verzeichnet für das damalige Eierfarben folgende Rezepte. Die hartgekochten Eier mußten natürlich farbig sein. Sollten sie grün werden, wurden sie in entsprechend vorbereitete frische Saat, gelb da­gegen in Zwiebelschalen, lila in Blauspohn gelegt. Wer aber recht etwas Feines liefern wollte, der legte die Eier in gemusterten oder geblümten Kattun, band sie mit einem Faden ein, sodaß beim Kochen sich das Muster des Tuches auf die Eier abdrückte. Die Eier wurden dann mittels Scheidewasser mit dem Vornamen der Kinder beschrieben, zuweilen auch mit allerhand Volkssprüchen; eine geschickte Hand malte auch Tiere und Blumen auf die Eierschalen.

Eine Spezialverordnung vom 18. September 1726, welche die Jura Stolae behandelt, verordnet hinsichtlich der Sammlung der Ostereier folgendes:Den heiligen Abend vor Ostern schicket der Küster seine Frau von Haus zu Haus mit einem Korb und sammelt sich eine frei­willige Gabe, da denn ein Jeder nach Belieben ein paar oder mehr Eier, oder an Gelde 3 Gr. 6 Pf. und mehr giebt. Es ist dieses eine uralte Gerechtigkeit.

Wie die Pfingstmaien, so spielen die Osterruten auch heute noch in Eberswalde eine große Rolle. Die lange Zeit vor Ostern beschafften Ruten haben, zuhause in einem Wassertopf auf das Spind gestellt, in der üppigen Zimmerwärme zu treiben begonnen und sind bis zum Ostennorgen hübsch grün geworden. Dann beginnt das lustige Ruten- .stiepen, das bei uns am Orte allerdings nur noch von den Kindern geübt zu werden scheint, wobei die Einsammlung möglichst vieler Gaben die Hauptsache bildet. Auf dem Lande haben die Knechte das i Recht, verschlafene Mägde mit den Ruten zu stiep en, wobei es selbst­verständlich ohne allerhand Späße nicht abgeht.

Sollen wir noch zuguterletzt die Osteikätzchen erwähnen, auf die es gerade in diesem Jahre die Jugend und auch unvernünftige Er­wachsene besonders abgesehen hatten. Den Osterkätzchen wird eine besondere Heilkraft zugeschrieben. Wer in der Frühe des Palmsonntags drei solcher Blütenkätzchen verschluckt, leidet das ganze Jahr hindurch weder an Zahnweh, noch an Kopfweh, er bleibt vom Halsweh verschont und auch vom kalten Fieber. Sogar die von den Zweigen losgelöste