Heft 
(1907) 16
Seite
166
Einzelbild herunterladen

1G6

19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Rinde diente früher dem Aberglauben. In Form eines Drudenfußes an deu unteren Bettgiebel genagelt, hielt sie Hexen und böse Geister fern.

Es gibt sicher noch mehr Osterbräuche in Eberswalde und Um­gegend, die gesammelt zu werden verdienen, damit sie wenigstens die Erinnerung für die späteren Generationen festhalten. Die Anregung dazu sollte mit dieser ersten Sammlung gegeben werden.

XX. Hieran schließe ich eine öffentliche Mitteilung von mir, die im wesentlichen im Berl. Lokal-Anzeiger vom 27.V.M. veröffentlicht worden ist.

Osterbränclie im alten Berlin. Unter allen kirchlichen Festen ist das Osterfest bei uns in Berlin und überhaupt in Norddeutschland dasjenige, das am tiefsten in das Volksleben eingedrungen ist: hier begegnen sich alttestamentarische, christliche, germanische und slavische Sitten und Überlieferungen so innig, daß eine Scheidung dieser ver­schiedenen Elemente fast unmöglich ist. Aus dem Judentum hat das Christentum das Passahfest mit seiner Versöhnung durch das Opfer übernommen, zur selben Zeit aber feierten die Germanen und auch die Slaven die Vertreibung des Winters und das Frühlingsfest.

Die Ma rterw oche wurde still begonnen und am guten oder grünen Donnerstag zum heiligen Abendmahl gegangen, eine Sitte, die sich im protestantischen Berlin derartig erhalten hat, daß selbst jene, die sich sonst von den kirchlichen Gepflogenheiten fernhalten, am Gründonners­tag kommunizieren, mindestens aber am Karfreitag die Kirche besuchen. Dies geschieht so allgemein, daß mau noch jetzt hier und da beobachten kann, wie Schutzleute den übermäßigen Andrang aus Sicherheitsgründen abhalten müssen. Beachtenswert ist auch der Unterschied, daß der Karfreitag den Evangelischen bei uns als der heiligste Tag im ganzen Jahre gilt, während dies bei den Katholiken ähnlich wie bei den Mitgliedern der anglikanischen und schottischen Hochkirche keines­wegs der Fall ist.

Am Gründonnerstag wurde in und bei Berlin deralte Adam aus­getrieben, wozu man einen schlechten Kerl benutzte, der Verschiedenes auf dem Kerbholz hatte. Er wurde vom Volk verhöhnt, mußte durch die Menge sozusagen Spießruten laufen, wurde aber nachher von seinen Sünden absolviert, wegen etwaiger Straftaten nicht verfolgt, vielmehr sogar mit Geld und Gaben beschenkt. Das erinnert an den israelitischenSündenbock, der vertrieben wurde und als Sühne­opfer galt.

Am Gründonnerstag abend wurde die Kar- oder Rumpelmette in der St. Nikolai- und Mai'ienkirche abgehalten. Man brachte - ^»vie zur Christmette Lichter mit, die auf die Dornen eiserner Pyramidengestelle gespießt wurden. Die mit der Alba dem weißen, noch jetzt in beiden Kirchen aus katholischer Zeit erhaltenen Überwurf bekleideten Geist-