19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 167
liehen stimmten das „ Benedictas“, das Lied „Tenebrae factae sunt“ und andere Psalmen an, während welcher die Lichter allmählich verlöscht wurden. Im Dunkeln wurde nun „gerumpelt“, d. h. ein arger Lärm verübt, der den Überfall durch Judas Ischariot und die Gefangennahme Christi darstellte. Da hierbei Unziemlichkeiten vorfielen, ist diese Sitte in die refonnatorische Zeit nicht übernommen worden, auch im katholischen Brauch verschwunden.
Am Karfreitag fand eine große Prozession und Anbetung des Kreuzes statt. Am Sonnabend, Ostersabbat, wurden die Osterkerzen mit neuem geweihten Feuer entzündet und das alte heilige Öl verbrannt, was das Volk „den Judas verbrennen“ nannte, um anzudeuten, daß der Verräter diese Strafe verdient.
Das Osterfest wurde mit der vollen Pracht des katholischen Ritus auch in Berlin gefeiert und die Predigt an diesem Tage deutsch gehalten, sie mußte freundlich, ja humoristisch gestimmt sein, um das „heilige Lachen“ oder „Osterlachen“, lateinisch „risus paschalis“, hervorzurufen.
dergleichen wir nun die altgermanische Sitte, die auch hier wieder von der katholischen Geistlichkeit mit gewohnter feiner Berechnung, ja mit einer gewissen volkstümlichen Anteilnahmeteilsin die kirchlichen Bräuche unmittelbar übernommen, teils wenigstens nebenher geduldet wurde. Da fällt uns zunächst auf, daß der Name Ostern von Ostara, der Frülilings- göttin abgeleitet ist und im Gegensatz zu den romanischen Nationen, die das Fest nach dem jüdischen Passah benennen, deutsch ist. Karl der Große, der die heidnischen Götternamen für die Wochentage rezipierte, ließ einen Monat „Ostermonat“ benennen.
Der Aufgang der Sonne, die am 21. März „drei Freudensprünge“ macht, ist sicherlich von den Berlinern auf dem Tempelhofer Berg und den Rollbergen mit Tanz und Jauchzen begrüßt worden. Der altheidnische Kult erforderte, daß zu Ostern „reines“ oder „Notfeuer“ durch Reiben von Stricken an trocken-mulmigem Holz entzündet wurde. Durch das Feuer trieb man Rinder, Pferde und besonders, um sie vorm Rotlauf zu schützen, die den Berlinern wichtigsten Schlachttiere, die Schweine. Die Kohlen des Notfeuers dienten gegen Blitz und Hagel. Noch jetzt wird am Ostersabbat hier und da in Berlin von Mädchen und Mägden „Osterwasser“ geschöpft. Sie dürfen dabei nicht sprechen, was sich müßige Burschen zunutze machen, um die Mädchen hierzu durch allerhand Späßchen zu zwingen. Ich habe das an der Weidendammer Brücke selbst erlebt, wobei die Soldaten des benachbarten 2. Garde- Regiments ihre Liebsten zum Lachen und Sprechen zu veranlassen versuchten.
. Ähnlich verhält es sich mit den „Ostereiern“, deren Gebrauch sowohl germanisch wie slaviscli ist; in der Bemalung der Ostereier tun