Heft 
(1907) 16
Seite
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19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

am Eingang empfangen, in das Haus geleitet wurde. Herr Kahlbaum, der Besitzer vonElisienhof so benannt nach seiner noch jetzt in Berlin lebenden Gemahlin Elise wurde dem Kaiser vorgestellt. Der greise Monarch, 78 Jahre alt, aber rüstig und frisch, ging in Begleitung der beiden Herren zur Siegesbank, die mit den Büsten des siegreichen Kaisers und seiner Paladine, des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, des Siegers von Wörth, und des Dreigestirns Bismarck, Moltke und Roon, geschmückt ist. In die hohe, prachtvolle Lehne der Marmorbank sind mit Goldbuchstaben die Namen all der glorreichen Schlachten von 1870/71 gegraben. Die fünf Büsten rühren von der Hand des Bildhauers Franz des Älteren her. Der Kaiser schien, aus seinen freundlichen Blicken zu schließen, Wohlgefallen an dem Kunstwerk zu finden. In seiner leutseligen Weise erkundigte er sich nach dem Vorbesitzer von Elisien­hof, und als Herr Kahlbaum den Namen des Herrn Baron v. Thielmann nannte, erinnerte sich der hohe Herr sogleich, daß derselbe in den 40 er Jahren Rittmeister bei den Dragonern gewesen war; gewiß ein Zeichen für das treffliche Gedächtnis des Erlauchten Herrn.

Uber die Geschichte des Hauses haben wir das Nachstehende feststellen können. Nach der noch vorhandenen Predigerchronik des Predigers Ritter, Bruders des bekannten Geographen Ritter, stand das Haus bereits im Jahre 1766. In diesem Jahre brach Feuer im Orte aus, das die ganze südliche Seite, am See entlang, einschließlich Kirche und Pfarrhaus verzehrte, dagegen das jetzige Schölersche Haus verschonte. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ging das Haus in den Besitz des Bankiers Benecke aus Berlin über, der es bis zum Jahre 1828 besaß und immer im Sommer bewohnte. Aus dieser Zeit stammen die großen Gartenan­lagen, und Haus und Garten haben damals viele erlauchte Gäste gesehen. Auch König Friedrich Wilhelm III. selbst und Kaiser Alexander von Rußland, für welche Benecke Anleihen vermittelte, sind mehrfach in jener Zeit in Wilmersdorf gewesen. Ein häufiger Gast war auch die durch ihren urwüchsigen Humor bekannte Schwiegermutter Beneckes, Frau du Titre, die auch bei dem sonst so ernsten König Friedrich Wilhelm III. durch ihre drolligen Einfälle sehr beliebt war. Am meisten, auch jetzt noch, bekannt ist ihr AusspruchMacbeth, et drüppt! den sie in der großen Macbethscene der das Licht schief haltenden Schau­spielerin Krelinger im Kgl. Schauspielhause mit lauter Stimme zurief. Wilmersdorf ist, wie uns mitgeteilt wird, der Schauplatz einer anderen, auch ziemlich bekannten Geschichte. Eines Tages hatte es Benecke unter­lassen, zu einer Gesellschaft, die er in Wilmersdorf gab, seine Schwieger­mutter einzuladen. Sie rächte sich dadurch, daß sie bei jedem vor­fahrenden Wagen selbst den Schlag öffnete und den erstaunten Gästen mittheilte:Denken Sie sich, ich bin nicht eingeladen. Da jeder der