Heft 
(1907) 16
Seite
181
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19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres. 181

hof in der Verlängerung der westlichen Front des Hauses Wallstraße 1 an und ist nach Westen bis an den Notauslaß der Kanalisation auf» gedeckt, welcher neben dem westlichen Straßenbahngleis (Fahrrichtung GertraudtenstraßeLeipzigerstraße) sich erstreckt. Dieser ist jedoch nicht, wie Herr Betriebsdirektor a. D. Goldowski erwähnt, ein Tourohr von 0,50 m lichter Weite, sondern ein gemauerter Kanal von 1,10 lichter Höhe und 0,90 in lichter Weite. Dagegen kreuzt ein ionrohr von rd. 0,50 m lichter Weite die Tunnelbaugrube etwas westlich von dem Hause Wallstraße 1. Ob jenseits des Notauslasses noch Leichenroste sich befinden, kann erst festgestellt werden, wenn die Arbeiten jenseits des Kanals wieder aufgenommen werden, d. i. frühe­stens in acht Tagen.*)

Die in Form von Skeletten befindlichen Leichenreste fanden sich vorzugsweise in dem östlichen Teil der durchfahrenen Fläche: ebenda­selbst waren auch die Massengräber mit eingekalkten Leichen. Die besser erhaltenen Särge und Mumien fanden sich mehr in der westlichen Hälfte. Hieraus dürfte zu schließen sein, daß der östliche Teil des Friedhofes in einer früheren Zeit zu Beerdigungszwecken benutzt wurde als der westliche, sodaß die Leichen in dem östlichen Teile länger Gelegenheit hatten zu verwesen. Hieraus würde vielleicht folgen, daß die in Massengräbern eingekalkten Leichen in einer verhältnismäßig frühen Zeit beerdigt worden sind. Noch ist zu erwähnen, daß die Leichenreste sich nur bis etwa 3 m unter Straßenoberfläche fanden und teilweise sogar nur 1 m überdeckt waren; an einzelnen Stellen fanden sich 4 bis 5 Schichten übereinander.

An den in der westlichen Hälfte gefundenen Leichen und Särgen wurden außer den eisernen Handgriffen keine kulturhistorischen Funde gemacht.

Bezüglich des beim Aufgraben der Leichen sich entwickelnden Geruchs wurde bemerkt, daß derselbe teilweise sehr unangenehm sich fühlbar machte und zwar wurde der Geruch beim Vorschreiten der Arbeiten von Osten nach Westen zu schlimmer. Dies würde damit übereinstimmen, daß die westlichen Leichen neueren Datums sind. Durch reichliche Anwendung von Kalkwasser, Karbol und Lysol wurde der durchdringende Leichengeruch jedoch weniger bemerkbar. Auf der Straßenoberfläche war nichts von dem Geruch zu bemerken. Nachteilige Erscheinungen machten sich weder bei den Arbeitern, noch bei sonstigen Personen geltend. Hierzu mag beigetragen haben, daß die Arbeiten bei kalter Witterung und unter der dichten Decke unserer Baugrubenab­deckung vorgenommen wmrden.

*) Es sind noch weitere Bestattungsreste später gefunden.

E. Fr.