Heft 
(1907) 16
Seite
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19. (9. ordentliche) Versammlung des XV. Vereinsjahres.

Die Betonsohle und Seitenwände des Tunnels werden an dieser Stelle voraussichtlich bis etwa Anfang März betoniert sein, so daß Schä­digungen in gesundheitlicher Beziehung oder unangenehme Begleiterschei­nungen nicht zu befürchten sind.

Die Leichenreste wurden auf Ihre Anordnung in Kisten gesammelt, die Mumien einzeln in sargähnliche Kisten gelegt und nach dem städtischen Friedhof in Friedrichsfelde geschafft und dort vergraben.

Einige noch nicht völlig verweste Leichen wurden seitlich der Tunnelbaugrube wieder eingegraben.

Siemens & Halske Aktiengesellschaft.

An die Aktiengesellschaft Siemens & Halske

Berlin.

Auf das gefl. Schreiben vom 19. d. Alts, erwidere ich ergebenst, daß ich allerdings die Oberleitung über die Bauausführung des Radial- Systems III, also auch über die in Frage stehende Tonrohrleitung am Spittelmarkt, gehabt habe, aber jetzt nach ca. 30 Jahren sind mir die Einzelheiten nicht recht genau in der Erinnerung, zumal auch die Auf­deckung des Kirchhofes nicht von solcher sachlichen Bedeutung war, daß sie sich mehr als andere Vorkommnisse meinem Gedächtnis ein­geprägt hätte. Was ich mich erinnere ist etwa folgendes:

Beim Bau der 51 cm weiten Leitung auf der Nordwestseite der Straße am Spittelmarkt bei der Niederwallstrasse, der ehemaligen Ger- traudtenkirche gegenüber trafen wir. auf eine größere Anzahl Särge, ich glaube auf mehrere übereinander befindliche Reihen. Daß es sich um einen alten Pestkirchhof handelte, höre ich jetzt zum ersten Male, ich nahm an, daß es ein gewöhnlicher Kirchhof sei, wie solche früher bei den Kirchen, hier bei der noch im Anfänge der 70 ger Jahre vorhandenen Gertraudtenkirche, sich befanden. Die zahlreichen Särge wurden damals, soweit selbige in die Baugrube hineinragten, beseitigt oder zerschlagen, und die Leichenüberreste, Knochen etc. in leere Zementtonnen nach einem hiesigen Kirchhof gebracht. Von einem furchtbaren Gestank, der sich beim Anschneiden des sogenannten Pestkirchhofes in dem Maße entwickelt haben soll, daß eine vollständige Luftverpestung eintrat, ist mir garnichts bekannt. Ich glaube solches auch nicht, und der Herr Gewährsmann mag es auch vielleicht nicht aus eigener Wahrnehmung, sondern aus den Erzählungen anderer erfahren haben. Es kann ja richtig sein, daß ein derartig seltenes Vorkommnis, wie die Freilegung eines Kirchhofes inmitten der Stadt in der belebtesten Straße, damals viel Aufsehen erregt hat und vielleicht sehr aufgebauscht worden ist, und der Herr Baurat Hobrecht, mein damaliger Vorgesetzter, ließ mich zu sich kommen und sagte mir, er würde von vielen Seiten nach dem Kirchhof pp. gefragt, warum ich