Heft 
(1907) 16
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1. (ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

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Heimatkunde in der Schule weit mehr als bisher gepflegt werde, daß die Knaben und Mädchen nicht ins Leben hinaustreten ohne eine ge­nügende geographische und naturgeschichtliche Kenntnis ihrer Heimat. Dieser Unterricht kann aber nur im Freien und zwar schon der Kosten wegen in der nächsten Umgebung der Schüler erteilt werden. Dabei wird in der Jugend, neben wesentlicher Förderung des Beob­achtungsvermögens, die Freude an der Natur geweckt, die Liebe zur heimischen Scholle gestärkt und ihr damit ein Halt gegen viele Gefahren des späteren Lebens gegeben. In der Volksschule tut aber solche Heimatkunde besonders not und zwar vor allem in der Hauptstadt und ihren Vororten. Unumgängliche Voraussetzung für die Erweckung des Interesses an diesem Unterricht ist natürlich, daß die Umgebung auch Dinge besitzt, die der Anschauung w r ert sind. Der Boden der Mark Brandenburg mit seiner geringen Höhengliederung ist aber arm an geologisch interessanten Landschaftsformen, die für die Ileimatskunde in erster Linie in Frage kommen. Da dürfte es nun der Mühe und der vereinten Anstrengungen aller dazu Berufenen wohl wert sein, ein in den Grunewaldmooren von der Natur selbst geschaffenes, nach der Überzeugung aller Kenner zu den interessantesten geologischen Bildungen gehöriges Naturdenkmal nicht zerstören zu lassen. Hier lernt die heran- wachsende Jugend die Abhängigkeit der Pflanzendecke vom Boden sow'ie die verschiedenen Landschaftsformen der Ebene nebeneinander kennen. Doch auch für zahlreiche Besucher der Hochschulen ist die Erhaltung dieser Moore von eminenter Wichtigkeit. Daß die Geologen und Bota­niker daran besonders interessiert sind, bedarf nach dem Erwähnten wohl keines Wortes. Auch den Zoologen und Landwirten steht hier eine unerschöpfliche Quelle der Belehrung offen. Wie reich die Tier­welt der Moorgewässer ist, hat u. a. Professor Dahl in seinen Schriften über dasTierleben des deutschen Waldes und dasTierleben im Grunewald gezeigt. Die Schüler der Landwirtschaftlichen Hochschule aber, von denen viele später als praktische Landwirte Moorkulturen anzulegen haben werden, können hier alle möglichen Moorformen neben­einander studieren.

Endlich würde auch der Künstler und der Naturfreund die Ver­nichtung dieser ganzen Landschaft lebhaft beklagen. Eine Bebauung des Gebietes der Seenkette im Grunewald würde die Zerstörung eines landschaftlichen Bildes von so einzigartiger, hervorragender Schönheit bedeuten, wie es nur äußerst selten gefunden wird. Wie viele Motive zu reizenden Landschaftsbildern wurden nicht schon dieser herrlichen Seen- und Brücherkette entlehnt! liier lernt selbst der Ausländer, der, in alten Vorurteilen befangen,des heiligen römischen Reiches Streu­sandbüchse nur mit Scheu betritt in dem Glauben, hier in dürrem Sande mühsam waten zu müssen, die Poesie und Stimmung der Moor-