Heft 
(1907) 16
Seite
229
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Aufgaben, Mittel und Wege des Heimatschutzes in der Prov. Brandenburg. 229

geschaut haben. Eine engere Heimat gibt in ihren natürlichen und geschichtlich gewordenen Erscheinungen, die zunächst nur für die Be­wohner einen Wert haben, einen Massstab für das, was werden will. Hier liegen große Aufgaben vor uns, die von der Erhaltung zur Weiter­entwicklung treiben. Das braucht keineswegs in dem Beharren bei einzelnen Formen zu bestehen, sondern mehr in dem Geist, der sie ge­schaffen hat. Von den vielen Mooren und Sümpfen der Provinz werden noch manche der Kultur unterworfen werden; das können wir nicht hin­dern; wohl aber wollen wir verhüten, daß die wissenschaftlich wertvollen gleichfalls geopfert werden, oder dass eine sogenannte Verschönerung des Landschaftsbildes vorgenommen wird, die bei Licht besehen einen Zwang, wenn nicht gar eine Verfälschung der Natur bedeutet. Wenn mau was nicht weit von Berlin der Fall ist, einen Kanal mit Tropf­steinen und fremdartigen Pflanzen umsäumt oder auf jede Sandkuppe einen Aussichtsturm stellt, um den sich häufig ein wildes Kneipenleben entwickelt, dann ist das für ein gesundes Empfinden ebenso verletzend, als wenn es im stillen Walde überall auf Reklame oder Kulturreste moderner Picknicks stößt.

Täglich werden auf den Dörfern und in den Städten neue Häuser errichtet; was aber an die Stelle der alten tritt, ist oft ein trauriges Zeugnis unserer modernen Kuustentfremdung. In einer kleinen märkischen Stadt brannten vor mehreren Jahren verschiedene Fachwerkhäuser nieder. Es waren keine Kunstwerke, die wir an und für sich zu vermissen hätten, wie überhaupt unsere ältere Kultur dadurch weit über der Gegenwart steht, daß sie sich nicht überall mit Kunst aufdrängt. Aber die Häuser waren trefflich in ihrer Bauart und fügten sich aus­gezeichnet dem Stadtbilde ein. Trotz der Bemühungen des Bundes Heimatschutz, der kostenlos Baupläne für die Umbauten zur Verfügung stellen wollte und trotz der anfänglichen Bereitwilligkeit, auf das An­erbieten einzugehen, trat auf Betreiben der ortsansässigen Maurermeister ein Umschlag ein. Heute erheben sich traditionelle und häßliche Ziegel­bauten anstelle der alten, die weder praktischer und billiger sind, die aber das Straßenbild durchaus nicht verschönern.

In dieser Weise verändert sich unter unseren Augen das Orts- und Landschaftsbild; wir können die Gründe, die man gegen die Erhaltung des Bestehenden anführt, häufig nicht einmal überzeugend widerlegen, weil unser ganzes Denken und Vergleichen auf einer einseitigen Ver­standesbildung steht, deren Bann erst jetzt nach und nach von uns weicht.

Feinsinnige Menschen und Kulturpolitiker empfinden es immer mehr, dass mit dem gänzlichen Verändern der engeren Umgebung auch das Heimatgefühl abnimmt, das sowohl für die Kunst wie für die nationale Existenz die wichtigste Grundlage ist. Wir sehen die Folgen