Heft 
(1907) 16
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2. (1. außerordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

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sehnliche königliche Jagdzeug vom Jägerhof in Berlin nach dem Schloß Grunewald schaffen und übertrug seinem Jagdzeugmeister Schenk die unumschränkte Verwaltung des Jagdgebietes im Grunewald. Aus jener Zeit stammen die Kastanienbäume vor dem Schlosse und das Bild eines schwarzen Hasen in der Vorhalle, welchen der Fürst von Anhalt bei Wittenberg gefangen und dem Könige übersandt hatte.

Friedrich der Große verkaufte auch einen Teil des Eichen­bestandes längs der Havel an eine englische Handelsgesellschaft, welche die schönen Stämme fast vollständig niederschlagen und zu Schiffsbau­zwecken verarbeiten ließ. Damals erlitt der Grunewald die zweite größere Einbuße an Waldbestand, und noch bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein sind die Höhenzüge an der Havel nur spärlich bewaldet gewesen, der Laubwald ist in jenen Teilen auch heute noch verschwunden, da des großen Holzbedarfs wegen fast ausschließlich Kiefern angebaut werden.

Unter den folgenden preußischen Herrschern kehrten wieder roman­tische Zeiten in das SchlößchenZum grünen Wald zurück. Friedrich Wilhelm II. verweilte häufig mit seiner Geliebten, der Gr äf in Lichten au, hier und gab sich in süßen Schäferträumen einem ungestörten Liebesglück hin. Vielleicht zogen die .gespenstischen Schatten im Jagdschlösse die Liebenden an, ihnen konnte das bleiche Frauenbild, das nachts weh­klagend die Gemächer durcheilen sollte, die Liebesfreude nicht stören, sie waren ja beide vertraut mit Geisterspuk und Gespensterseherei. Ob die schöne Gräfin, wenn sie sich beim Heulen des Windes, der wie schauriges Wehklagen das Gemäuer umtoste, an den königlichen Geliebten schmiegte, wohl ahnte, daß ihr ein ähnliches Schicksal beschießen sei, wie derschönen Gießerin?

So hart allerdings war es nicht; denn Friedrich Wilhelm III. war toleranter wie Johann Georg, er wußte trotz seines schlichten Charakters selbst die Freuden der Liebe zu würdigen und hat nachmals oft mit seiner zweiten Gemahlin, der Fürstin von Liegnitz, in trau­licher Abgeschiedenheit am Ufer des stillen Waldsees geweilt. Parforce­jagden hat der König so wenig wie sein Vorgänger unternommen, aber dem friedlichen Angelsport hat er in dem kleinen Angelhäuschen, welches noch jetzt am Rande des Sees steht, oftmals gehuldigt. Unter seiner Regierung beherbergte das Jagdschloß im Mai 1814 die aus Paris zurückgeholte Quadriga des Brandenburger Tores, deren einzelne Teile in fünfzehn mit Blumen geschmückten Kisten verpackt am 15. Juni ihren feierlichen Einzug in Berlin hielten. Zahlreiche Blumenspenden wurden damals im Schloß Grunewald niedergelegt und bildeten noch lange nachher einen. Schmuck der unteren Jagdgemächer. Auf einer llolztafel, die sich bis zum J. 1860 im Jagdschlösse befand, war dies Ereignis mit den nötigen Daten verzeichnet.