262
3. (2. außerordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsj ahres.
reger wurde, legte Grove an der Straße am Fuße des Berges das Wirtshaus zum Picheisberge an, das um 1880 den Namen „Der Reichsgarten“ erhielt. Der Reichsgarten ist also das älteste Gasthaus von Pichelsberg. Später entstand der Kaisergarten und zuletzt das Seeschloß mit dem „Neuen Saale“, 1899—1900 von Conrad Herold erbaut.
Grove hinterlies den Pichelsberg, der inzwischen wohl von ihm als Eigentum erworben worden war, seiner Enkelin Marie Dobeke, ans deren Händen er in den Besitz ihres Vaters überging. Dobeke verkaufte das Terrain und die darauf befindlichen Gebäude an den Oberinspektor des Königlichen Opernhauses, Daubner, und nun sah der Pavillon oft lustige Gesellschaft, Theatervolk, in seinen Mauern. Eine auf dem Boden gefundene Schützenscheibe trug sogar den Namen v. Hülsen; wahrscheinlich war also auch Botho von Hülsen öfters Daubners Gast. Im Jahre 1850 soll im Pavillon sogar eine Vorprobe zn der in Berlin Ende April 1850 zum ersten Male aufgeführten Oper „Der Prophet* von Meyerbeer unter Pfisters Leitung stattgefunden haben. (Die erste Aufführung überhaupt geschah am 16. 4. 1849 in Paris). Daubners Sohn legte oben einen Weinberg an, von welchem noch eine Photographie im Pavillon aufbewahrt wird. Am 21. Januar 1873 verkaufte Daubner, welcher dann 1877 starb, seine Besitzung für 49000 Taler an Conrad Herold, der das Seeschloß erbaute und den Neuen Saal mit den kostbaren Monhauptschen Glasmalereien schmückte, die er 1898 oder 1899 auf einer Auktion für 2100 M. erworben hatte. Diese Gemälde befanden sich früher im Besitz des Erbprinzen Bernhard von Meiningen; sie stellen den Meininger Stammbaum in rund 60 Einzelbildnissen dar, beginnend mitWedekind dem Großen (gestorben 807) und endigend mit dem Kinderbild unseres Kronprinzen. Da Kaiser Wilhelm II. als Kronprinz dargestellt ist, so ergibt sich daraus, daß die Glasmalereien um 1888 entstanden sind. Pichelsberg bildet heut eine geschlossene Gemeinde, die von anderen Gemeinden nicht abhängig ist; kirchlich gehört die Ansiedlung zu Spandau, wohin auch seit einigen Jahren eine geringe Kirchensteuer gezahlt wird. Grund- und Gebäudesteuern sind nicht zu entrichten; da Schulen und andere gemeinnützige Einrichtungen nicht bestehen, so wird überhaupt keine Gemeindesteuer gezahlt. Die Stadt Charlottenburg versuchte es zwar vor Jahren einmal, die Gemeinde Pichelsberg tributpflichtig zu machen, wurde dann aber durch die Königl. Regierung veranlaßt, die Steuerfreiheit der Picheisberger anzuerkennen und die zu Unrecht erhobenen Beträge zurückzuerstatten.
Von der neuen Döberitzer Heerstraße wird das Heroldsche Grundstück durch einen nur schmalen Waldstreifen getrennt. Hier soll die Straße auf dem sog. „Kaiserdamm“ den tiefen, schlammigen Stößensee überschreiten. Bei Aufschüttung desselben entstand Ende Februar d. J., als