5. (2. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
Beurteilung eines Fundes, der geeignet scheint, den Menschen mit den höchsten Tieren zu verbinden, des Pithecanthropus erectus, den Eugen Dubois im Jahre 1893 auf Java fand. In einem vulkanischen Tuffe, der durch einen Bach angefressen worden war, fand sich eine Sclnideldecke und 15 m davon ein an einer Stelle krankhaft ausgebildeter Oberschenkelknochen, in der Nähe auch noch ein Backenzahn. Der Oberschenkel wurde von Anatomen wie Krause als ein zweifellos menschlicher angesprochen, das Schädeldach bald für das eines riesigen Gibbon, bald für das eines besonders unentwickelten •Menschen gehalten, der Backenzahn wohl gar für den eines Orang- Utan, während Dubois von vornherein die Auffassung vertrat, daß es sich um eine Mittelform, zwischen dem Menschen und einer Urform handle, von der er gemeinsam mit dem Menschenaffen abstamme. Die Duboissche Anschauung dürfte die größte Wahrscheinlichkeit für sich haben, wenn mau alle die erwähnten Reste als zusammengehörig ansieht. Da in der betreffenden Tuffschicht viele andere Tierreste gefunden worden sind, aber keine, die einem Affen oder Menschen angehörten, so haben wir keinen Grund, das damalige Vorhandensein mehrerer in diesen Formenkreis gehörender Arten anzunehmen. Es ist daher das natürlichste, die drei Reste als zusammengehörig zu betrachten, und in ihnen Spuren von einem Vorläufer des Menschen zu erblicken. Die menschliche Form des Oberschenkels spricht dafür, daß dieses Wesen aufrecht ging, auch das Schädeldach zeigt bereits einige menschliche Merkmale, der Inhalt der Gehirnhöhle steht zwischen den größten Affen und den kleinsten Menschen, ebenso der Stirnwinkel. Die Überaugenwülste sind noch stärker entwickelt als beim Homo primigenins, aber nicht so stark wie beim Orang und Gorilla. Da auch bei diesen beiden Affen das llervortreten der Wülste über den Augen erst in späterer Uebenszeit im Zusammenhänge mit der Entwickelung der Kaumuskulatur und des Gebisses auftreten, so werden wir auch für die Menschenaffen auf eine Urform zurückgefühet, deren Schädeldach etwa dem des Pithec- antrophus geglichen haben muß, und wir würden den letzteren also etwa dem im Duboisschen Sinne aufzufassen haben.
Je weiter wir in der Ahnenreihe des Menschen zurückgehen, um so spärlicher werden die Funde, und um so mehr müssen wir uns nach anderen Hilfsmitteln umsehen. Die Stammesgeschichte und die Einzelgeschichte des Menschen haben den gleichen Ausgangspunkt, nämlich die einfache Zelle, und den gleichen Endpunkt, den heutigen Menschen. Es liegt daher nahe, auch den Weg, den die Natur in beiden Fällen wählt, in den Grundzügen für den gleichen zu halten. Wenn wir in der Entwickelung des Einzelmenschen deutliche Umwege sehen, wie die Anlage von Kieinenspalten, die Wieder verschwinden, ohne zur Atmung benutzt zu sein, so deuten wir sie als Rückerinnerungen an