8. (6. außerordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
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Druck der Gegenreformation noch 100 Jahre nach dem dreißigjährigen Kriege in Böhmen war, zeigt die Behandlung des Vaters des ersten Geistlichen von Nowawes, Letochleb, den die Jesuiten bis an den Leib in die Erde gniben und durch Soldaten solange peitschen ließen, bis Hemd, Haut und Blut zu einer Masse geronnen waren. „Warum lassest Du Dich so zermartern? Werde doch katholisch!“ riefen ihm die offiziellen Vertreter der Religion der Nächstenliebe zu; doch Letochleb blieb standhaft. Als man ihn endlich laufen ließ, wandte er der Heimat den Rücken und wurde nun ein treuer Untertan des großen Königs; er legte sogar seinen Namen ab, indem er ihn in Sommerbrodt übersetzte. Er und seine beiden Nachfolger, Mogzis und Kropatscheck, der Stammvater der bekannten gleichnamigen Familie, hielten den Gottesdienst in böhmischer Sprache ab; der 4. Geistliche war ein Deutscher, der abwechselnd böhmisch und deutsch predigte, weil inzwischen zahlreiche sächsische, pfälzische, württembergische und schweizerische Familien zugezogen waren. Die Gründungsakten des Dorfes sind leider im siebenjährigen Kriege verloren gegangen. Der König hatte die Anlage des Ortes dem General v. Retzow übertragen, welcher die Akten bei sich führte, als er ins Feld zog. Er fiel bei Hochkirch, und die Dokumente sind seitdem verschwunden. Wir wissen nur, daß die Kosten der ersten Anlage 27 607 Taler betrugen. Dafür hat sich die Volkssage mit der Gründung des Dorfes beschäftigt. Da die zuerst angelegten Straßen (Lindenstr., Priesterstr. und Wallstr.) ein Dreieck bilden, entstand folgende Gründungsauekdote: als der Baumeister den König fragte, wie denn das Dorf gebaut werden solle, warf dieser seinen Dreimaster auf die Erde und sagte: So soll es gebaut werden! Auch über die Entstehung des Namens gibt es eine Sage: als der König einst den Bauplatz besichtigte, fragte er einen Maurer: „Wie heißt das neue Dorf?“ „No, wa weeß“, worauf der König erwiderte: „Nun, dann soll es auch Nowawes heißen!“ Der Kirchplatz selbst bildete ebenfalls ein Dreieck. Die Kirche wurde 1752, die Orgel 1802 erbaut und 1853 vergrößert. Die erste Besiedelung des Ortes erfolgte durch böhmische Weber und Spinner, welche bereits einige Zeit in Neu-Schöneberg (bei Berlin) und Potsdam ansässig waren. Später gehörte auch das Soldatenkind Eleonore Prohaska der böhmischen Gemeinde an. Als ihr auf dem alten Potsdamer Kirchhofe ein Denkmal errichtet werden sollte, forschte man in den Pfarrakten von Nowawes vergeblich nach ihrem Namen. Nachträglich gelang es, Friedrichshagen als ihren Geburtsort und ihren Namen in dem dortigen Taufregister zu ermitteln.
Die Bevölkerungszahl betrug am Ende des 18. Jahrhundert etwa 2000. Wie sich dieselbe im 19. Jahrhundert vermehrt hat, ergibt sich aus der Tatsache, daß vor 35 Jahren in Nowawes nur 8 Lehrer tätig waren, während heut über 70 Lehrkräfte an den verschiedenen Schul-