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8. (0. außerordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
anstalten wirken. Früher hatten sich Dorf und Kirche oft hohen Besuchs zu erfreuen; daran erinnert u. a der in einem Gestell von kunstvollem Eisenguß ( aus Lauchhammer) stehende Taufstein, ein Geschenk Kaiser Friedrichs, welcher sich einst als Kronprinz über den alten primitven Tauftisch „geärgert“ hatte. Die Kirche war ursprünglich mit Schindeln gedeckt; 1853 erhielt sie ein Ziegeldach, während der Turm mit Schiefer bekleidet wurde.
Nach Beendigung des Vortrages begaben sich die Teilnehmer der Wanderfahrt in ein altes Weberhaus in der Kreuzstraße und ließen sich an mehreren Stühlen die Handweberei vorführen. Auf dem Ziegeldach eines Stallgebäudes wurde Hauslauch, Sempervivum tectorum, hier Hauslaub genannt, entdeckt.
Sodann führte Dr. Netto die Brandenburgia durch den Park von Babelsberg. Beim Eintritt in denselben erinnerte er an die Aufhebung des Rauchverbots durch Kaiser Wilhelm 1. Der Kaiser wurde, wie erzählt wird, einst auf der Terrasse von Mücken arg belästigt und fragte seinen Diener, was da zu machen sei. Der empfahl ihm, eine Zigarre anzuzünden. Das Mittel half; doch wunderte sich der alte Herr, daß sich die Besucher des Parkes, die in einiger Entfernung am Schlosse vorübergingen, noch immer der Mücken durch Fächeln mit den Taschentüchern zu erwehren suchten, und fragte deshalb: „Warum rauchen denn die Leute nicht auch?“ Worauf er zur Antwort erhielt: „Majestät, im Parke ist das Rauchen verboten.“ Eine Stunde später waren sämtliche Tafeln mit dem Rauchverbot aus dem Parke verschwunden.
Ist diese kleine Episode für das gütige Herz des großen Kaisers charakteristisch, so ist die Stilreinheit aller Gebäude im Park vom Schloß herunter bis zu den Pförtnerhäuschen für die Sorgfalt des Kaisers auch in kleinen Dingen bezeichnend. Alles ist im Tudorstil gehalten. Selbst die Tafeln und Wegweiser fügen sich harmonisch dem Ganzen ein. Am „weißen Meer“ vorüber, einer künstlichen Teichanlage mit Zernentgrund, führte der Weg zur Feldherrnbank, wo Dr. Netto einen Vortrag über die Geschichte von Babelsberg hielt. Mit Worten der wärmsten Anerkennung, die in den Herzen der Zuhörer lebhaften Nachklaug fanden, gedachte der Redner, ein echtes Potsdamer Kind, der unvergleichlichen Verdienste der lfohenzollern um die Wohlfahrt seiner lieben Vaterstadt, der „Siebenhügelstadt“, die ringsum durch Königliche Bauten (zuletzt durch die Erbauung der Kriegsschule) und Parkanlagen zur schönsten Stadt der Mark geworden sei. Bezüglich der Erklärung des Namens Babelsberg schloß sich Dr. Netto der jetzt allgemein angenommenen Auffassung an, Babelsberg komme her von Baber, bobr = Biber. Die Karte von Suchodolez (1683) trägt bereits den Namen Baberow. Damals befand sich auf dem Babertsberge ein wildreicher Tiergarten, den noch Friedrich der Große gern besuchte.