Heft 
(1907) 16
Seite
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Die Schulanetalten des Leib-Grenadier-Regiments König Friedrich Wilhelm III. 335

und die Kinder den Bürgerschulen überwiesen werden sollten. Während die Beschlüsse der Kommission über die Militär-Kirchenverhältnisse durch Kabinetts-Order vom 30. Juni 1809 Gesetzeskraft erhielten, wurden die über das Militärschulwesen in der Order in keiner Weise berührt. Die Militärschulverhältnisse in Berlin und somit auch die Schule des Leib-Infanterie-ltegiments blieben unverändert weiterbestehen, und erst die sich immer steigernde Schulnot führte eine Änderung herbei.

Infolge der Kabinettsorder vom 11. Mai 1810 sollten die .selbstän­digen Schulen für Kinder der aktiven Soldaten aufgelöst. und letztere in den Zivilschulen unterrichtet werden. Damit war das Schicksal der Schule des Leib-Infanterie-Regiments entschieden, und die Kinder mußten den Parochialschulen überwiesen werden.

Die schwierige Arbeit der Auflösung, und vor allem der Über­weisung an die Parochialschulen wurde dem Brigadeprediger Mann übertragen. Er entwarf zum Zweck der Durchführung einen Plan, der vom Gouverneur und den städtischen Schulbehörden genehmigt wurde. Mann wählte unter den bestehenden Parochialschulen dreißig aus und traf mit den Vorstehern, bezw. Lehrern folgendes Abkommen:

Jeder Schulhalter nimmt je nach den Räumlichkeiten, die ihm zu Gebote stehen, 6 bis 8 Soldatenkinder gegen ein monatliches Schulgeld von 5 Gr. auf und unterrichtet sie jeden Tag von '/ 2 911 und '1^2i Uhr. Er ist gehalten, sie ebenso sorgfältig zu bearbeiten und auf die­selbe Weise zu behandeln wie die Bürgerkinder. Holzgeld wird nicht gewährt; auch ist sonst irgend welche Vergütigung nicht zu fordern. Die Kosten für Tinte, Federn, Papier und Bücher bestreiten die Haupt­leute. Die Auszahlung der Schulgelder erfolgt nach Prüfung derselben durch die Feldwebel der Kompagnien durch den Major von Steinmetz.)

Die Aufsicht über den regelmäßigen Schulbesuch der Kinder übte das Militär selbst aus. Offiziere und Unteroffiziere besuchten die Schu­len, denen die Kinder ihrer Kompagnie überwiesen waren. Ein Ein­greifen in den Unterricht war den Inspizierenden nicht gestattet. Die persönlichen Auseinandersetzungen mit den Lehrern mußten vermieden und Beschwerden und Anträge auf etwaige Abänderungen durften nur der Garnisonkirchen- und Schulkommission und dem Oberkonsistorialrat Nolte übermittelt werden. Zu solchen persönlichen Beschwerden ist es nie gekommen; auch über Klagen der Soldaten inbezug auf Behandlung ihrer Kinder finden sich in den Akten keine Belege. Jedenfalls zeugt auch diese Tatsache von der Eintracht, die unter Militär und Bürgern herrschte. Der patriotische Geist, der alle beseelte, die gemeinsame -_ -1

*) Steinmetz war Mitglied der Garnison-, Kirchen- und Schulkommission.

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