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Friedrich Wienecke.
wirkungsvoller. Auf Vorschlag des Predigers Mann befahl der Regimentskommandeur, Major von Tippelskirch, 50 — 60 der besten Sänger aus der großen Zahl der sich freiwillig meldenden Soldaten auszuwählen und sie am Unterricht teilnehmen zu lassen. Der Generalleutnant v. Diericke, ein um das niedere Militärschulwesen hochverdienter Mann, schenkte der Siugschule eine Anzahl Liederbücher, die von ihm für den militärischen Gebrauch zusammengestellt waren. Mit Vorliebe wurden Kriegslieder des preußischen Grenadiers von Gleim und die moralischen Gesänge von Lavater gesungen. Da die meisten Teilnehmer der Unteroffizier-Schulanstalten auch der Gesangsschule angehörten, so konnten auch die Lehrstunden mit Gesang begonnen und geschlossen werden. Es ist jedenfalls nicht übertrieben und keine Schönfärberei, was der unermüdlich tätige Brigadeprediger Manu inbe- zug hierauf in seinem Schulbericht vom 28. März 1812 schreibt: „Es
ist ein schöner Eindruck, den das Ganze macht, wenn 50 bis 60 Männerstimmen einen ernsten, feierlichen Chorgesaug erheben, worin sie sich erwecken und ermuntern zur Liebe zu Gott, zur Treue gegen ihren Fürsten, zum Muth in Gefahren und zur Ausbildung in jeder großen Tugend!“
Die genannten Schulaustalten des Leib-Infanterie-Regiments sind bis auf die Schule für Unteroffiziere eingegangen, und auch sie hat von ihrem ursprünglichen Gepx’äge nichts weiter als den Zweck, „eine bessere Bildung zu vermitteln,“ behalten. Die beiden bis jetzt erschienenen Regimentsgeschichten von Gorszkowsky, Frankfurt a. 0. 1820 und von Horn, Berlin 1860 gedenken der Schulanstalten nicht. Nur zerstreute Akten zeugen von ihrem Bestehen. Die veränderten Militärverhältnisse haben auch auf diesem Gebiete umgestaltend gewirkt und ihrem Fortbestehen ein Ende gesetzt.
Aber ihre, wenn auch nur kurze Geschichte zeugt von dem frischen, fröhlichen Geist, der alle, Offiziere, Unteroffiziere und Gemeine, durchdrang, der in der lebendigen Hoffnung auf Befreiung vom Joch der Fremdherrschaft sich äußerte, die der Dichter Max von Schenkendorf so schön in seinem Soldaten-Morgenlied zum Ausdruck bringt:
Ein Morgen soll noch kommen, Ein Morgen mild und klar; Sein harren alle Frommen,
Ihn schaut der Engel-Schar. Bald scheint er sonder Hülle Auf jeden deutschen Mann:
0 brich, du Tag der Fülle,
Du Freiheitstag, brich an!