Heft 
(1907) 16
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11. (3. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

mäßig nach einem winzigen, helmförmigen Schneckchen, Ancylus flu- viatilis*) benannt, das in Schweden häufig ist, auf der deutschen Küste aber fehlt, sodaß bezüglich letzterer der Nameder Ancylussee eigent­lich unpraktisch, ja geradezu irreführend gebraucht wird. Mau sollte besser dafür sagender Limuaea-See denn die Schnecke Limnaea ovata kommt darin massenhaft, also als Leitschnecke, vor und diese Schnecke hat sich auch durch die gleich zu erwähnende Litorina- (Scrobicularia-) und die Mya-Periode hindurch als charakteristische Küsteuschnecke, die, obwohl eigentlich Siißwassertier, doch das schwach­salzige bezw. das brackische Ostseewasser der pommerschen Küsten recht gut verträgt, bis heut erhalten. Von der binnenländischen Limnaea ovata weicht die Ostsee-Ufer-Limnaea typisch ab.

Das Klima hatte sich inzwischen im Jahresmittel langsam aber im ganzen doch recht beträchtlich aufgewärmt, etwa bis zu -f- 5°. Der Ancylussee ähnelt, sagt Thienemann, etwa einem hochgelegenen Alpen­see der Gegenwart. In der Ancyluszeit drangen als Strudelwürmer Konkurrenten der Planaria alpina zuerst die genannten Polycelis cornuta und Planaria gonocephala ein.

Viel schwieriger gestaltete sich aber während der nunmehr folgenden sogen. Litorina-Periode**), wobei eine neue Senkung und Erbreiterung der Ostsee erfolgte, der Kampf ums Dasein auf seiten der Planaria alpina. Die Scrobicularis-Periode ist in der Brandenburgia wiederholt genau erörtert worden. Das Klima war erstnorwegisch und wurde nunenglisch, d. h. -(- 8 bis 9 u C jährlich. Dies ist ein höheres Jahres­mittel als wir jetzt haben: d. h. das Klima muß in der Litorinazeit wärmer als jetzt bei uns gewesen sein.

Nun entspricht der Scrobiculariaperiode die Zeit der Küchen­abfälle (Kjökkenmöddinger) in Dänemark oder die älteren alluvialen Torfablagerungen in der Provinz Brandenburg, d. i. die älteste jungsteinzeitliche Periode, Palaeo-Neolithik, jetzt richtiger Mesolithik genannt, die Steingeräte unpoliert, die Äxte im Durchschnitt rauten­förmig u. s. f.

Früher hat man geglaubt, für die Kjökkenmöddingerzeit ein sehr hohes Alter ansetzen zu sollen, weil die Kultur eine sehr primitive sei und u. A. weil, wie Japetus Steenstrup vor Jahrzehnten feststellte, darin der nordische Papageitaucher (Alca impennis), die Eidergans u. dergl.

) An der pommerschen Kiiste sehr selten. Auf Rügen von mir in der Sagarder Bmnnenau bereits 1865 und diesmal wieder im August 1907 lebend gesammelt.

**) Ich sage Scrobicularia-Periode, weil die unscheinbare Schnecke Litorina in den betr. deutschen Ablagerungen nur selten vorkommt, wogegen die große Masse der Muscheln aus den kreidig-weißen ansehnlichen Schalen der Scrobicularia piperata besteht, die während der Mya-Periode an den Pommerschen Küsten ausgestorben ist und lebend daselbst nicht mehr vorkommt.