11. (3. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
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nördliches Geflügel usw. Vorkommen. Indessen nördlich und nordisch ist nicht dasselbe, die Eidergans (Somateria mollissima) lebt noch jetzt auf Sylt, kommt auf den Brutinseln bei Frederiksholm und Christiansöe nahe Bornholm vor und auch die Alca impennis ist im Süden weiter verbreitet gewesen, hier aber allmählich durch den Menschen (das letzte Paar im Jahre 1844) ausgerottet worden. Dieser Riesenalk ging eben früher weiter nach Süden, er ist kein arktischer Vogel.
Andererseits beweisen die Austernhaufen und andere Tierreste, daß das Meerwasser salziger und die Winter wärmer waren, als jetzt. Jetzt können die Austern z. B., deren Schalen zu Millionen an der Küste der Insel Seeland bei Meilen gefunden worden sind, dort nicht mehr leben: das Wasser ist zu kalt und salzarm und infolgedessen nicht mehr imstande, die Auster und mehrere andere edle Schaltiere zu ernähren; das haben mehrfache neuerliche fehlgeschlagene Eingewöhnungsversuche bestätigt.
Nach der Scrobicularia-Zeit folgten wieder Hebungen und Senkungen in unserer Ostsee, darunter die durch das Massenauftreten der großen Gienmuschel (Mya arenaria) gekennzeichnete Mya-Periode. Allmählich haben sich — wie angedeutet — unter Verkühlung der Jahrestemperatur bis auf -f 7 bis t!" C die Verhältnisse bis zur Ileutzeit klimatisch etwas verschlechtert.
Alles dies gilt auch vom Binnenlande, insbesondere von unserer nächst angrenzenden Provinz Brandenburg. Thienemann hat bei seinen Untersuchungen über den Klimawechsel zwei interessante Arbeiten benutzt: W. C. Brögger: om de seuglaciale og postglaciale niväforan- dringer in Kristianiafeitet. (Noi’ges geologiske undersögelse No. 31. Kristiania 1S0Ü/01 und Gunnar Andersson: Hasseln i Sverige fordom och nu. En geologisk-växtgeografisk Undersökning belysande frägon om klimatets füx’ändi’ing sedan Litorinatiden. (Sveriges geologiska Undersökning ser. c. a. No. 3. Stockholm).
Die letztgedachte Schrift über die Verbreitung des Haselstrauchs stellt fest, daß das Maximum in die Zeit kurz vor dem höchsten Stande des Litorina- (Scrobicularia-) Meeres falle. Dann wird der Rayon von Corylus avellana immermehr beschränkt — bis heut. Also auch hier im Lande (nicht bloß im Süß- oder Salzwasser) der Beweis für die Verschlechterung des Klimas.
Die äußerst vorsichtigen und mühsamen Unte: suchungen des Herrn Ihienemann regen aber auch zu einer anderen Betrachtung an, nämlich über die schöpferische Wirkung der Eiszeit.
Diejenigen Geologen, welche der Biologie fern stehen, nehmen gewöhnlich an, daß während der Eiszeit überhaupt kein und während der Zwischeneiszeiten nur ein spärliches Leben in unserm Vaterlande existiert haben könne. Ein solches theoretisches unbewiesenes Axiom
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