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11. (3. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
wird von diesen Herren gern ausgespielt auch gegen das Vorhandensein des Menschen und menschlicher Kultur während der gedachten viele Jahrzehntausende umfassenden Epoche.
Her Biologe, mit welchem der einseitige unter den Geologen sich leider selten verständigt, denkt ganz anders. Wie heut in der Gletscherwelt, selbst in der furchtbaren Eiskappe des Südpols, keineswegs absolute Negation des Lebens herrscht, vielmehr Leben auf dem Lande wie im Wasser vorhanden ist, so ist es während der letzten geologischen Eiszeit analog bei uns gewesen, nur war hier noch mehr Leben vorhanden, weil die Nachbarschaftsverhältnisse viel günstiger lagen, als sie, um das Beispiel von der Antarktis beizubehalten, dort heutigen Tages liegen.
Thienemann deutet (S. 44(>) wenigstens von weitem darauf an, wenn er sagt; „schon die wundervollen Wege, die Planaria alpina auf Bügen seit der letzten Eiszeit gewandelt ist, sprechen aufs neue für die große Bedeutung des Faktors, für den kürzlich Zschokke*) ein schönes Wort geprägt hat; die biologische Kraft der Eiszeit.“
Die biologische, die zeugende Kraft der Eiszeit, die dem hergebrachten Geologismus etwas Unverständliches und Unverstandenes ist, ja diese schattende Kraft der Eiszeit ist es, welcher wir am letzteren Ende überhaupt den Kulturmenschen verdanken.
Ich kann mich hierauf, als auf ein Thema, über das man stundenlang sprechen könnte, heute Abend nicht einlassen, will also den von Thienemann gesteckten Rahmen der biologischen Betrachtung nicht allzusehr überschreiten, vielmehr lediglich nur auf ein paar Wassertiere kommen, die sich bei unserer Betrachtung von selbst aufdrängen, und die zum Teil für die Fischerei innerhalb unserer Provinz Brandenburg recht praktische Bedeutung besitzen.
Da spielt in der sogenannten Reliktenfauna ein Krebs Mysis relicta eine Hauptrolle, in den schwedischen großen Süßwasserseen, aber auch im Eismeer vorhanden. Man nahm an, daß, als die Verbindung mit dem letzteren durch Schweden hindurch aufhörte, er hier hängen blieb und sich allmählich an das Süßwasser gewöhnte.**)
Dieser Krebs, Mysis relicta, der deutschen Seen ist nach Samter, vgl. die Fußnote, ein Relikt des Yoldiameeres. Im Süßwasser-
*) Zschokke: Pie Tiefenfanna des Vierwaldstättersees. Verhandl. Schweiz. Nat. Ges. 1905. Separatabdr. S. 22. Sonst noch von demselben zu zu vergleichen: Tierwelt der Hochgebirgsseen. Neue Denkschr. d. Schweiz. Nat. Ges. Bd. 37. 1900 und Pie Tierwelt der Schweiz in ihren Beziehungen zur Eiszeit. Basel 1901.
**) Thienemann S. 455 zitiert: „vgl. vor allem: Pie geographische Verbreitung
von Mysis relicta, I’allasiella quadrispinosa, Pontoporeia affinis in Peutschland als Erklärungsversuch ihrer Herkunft. Anhang zu den Ab. Künigl. Preuß. Akad. Wiss. 1905. Hierin ein ausführliches Literaturverzeichnis.“