Heft 
(1907) 16
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11. (3. ordentliche Versammlung des XVI. Vereinsjahres.

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die Sache mit dem Vinetariff*), dass es aus megalithischen Grabsteinen bestehe, mindestens noch zweifelhaft. Herr W. Deecke hat diesbezüglich selbst ja nur eine Möglichkeit, eine Hypothese aufgestellt.

Spethmann in seinem Aufsatz macht mit Recht auf folgenden Veränderungskoeffizienten S. 125 aufmerksam.Schon während der Senkung setzte ein neuer Faktor ein, der an der Modellierung der Küste und der Ausgleichung ihrer Vorsprünge unaufhörlich gearbeitet hat und noch jetzt tätig ist: die Abrasion durch die Brandung. Ihr Werk ist der unaufhörliche Rückgang der Küste, Tag für Tag und Jahr für Jahr verschlingt die See ein Stück kostbarer Ackererde nach dem andern, bald sich mit wenigen begnügend, bald, wie bei einer Sturmflut, gierig tausende von Kubikmetern in wenigen Sekunden raubend.

Das ist richtig, aber es darf nicht übersehen werden, was doch wenigstens einigermaßen das Gleichgewicht an Landverlust im ganzen und großen betrachtet aufwiegt, das ist das An- und Ausspülen von Sand, Grand und Kies sowie Geröll an Stellen, welche einer bewegten See ausgesetzt sind und der Niederschlag von Lehm und Ton an ruhigeren Stellen. Das kann man so recht beides vereinigt bei Arkona und Lohme auf Rügen sehen. Furchtbar prallt der Wogendrang gegen das Kreideufer, auf dem der Jaromarsburgwall liegt, Scholle auf Scholle der Kreide wird losgewaschen und aufgelöst, ebenso der von oben nach­polternde Mergel und Humus. Aber kaum einen Kilometer n. w. ist die See ruhig und lagert fortwährend Massen ab, in denen Süßwasser­pflanzen, z. B. Teichrohr, friedsam und ungestört von der brüllenden See wachsen, gedeihen und das Land vergrößern. Wer den furchtbaren Wellenansturm an dem mit losgewaschenen Riesenblöcken besäten Strand bei Seebad Lohme beobachtet, sollte es kaum glauben, daß wenige Kilometer südlich hiervon dieselbe See so friedlich ist, daß sich genau solche Vegetations-Idylle, wie ich sie bei Arkona schilderte, heraus­gebildet haben. Und das wiederholt sich auf der Halbinsel Wittow, zu der Arkona gehört, an mehreren Stellen; desgleichen auf der Insel Hiddensee, welche der Insel Rügen wie ein Wellenbrecher vorliegt und auf der Halbinsel Jasmund am Außenstrand zwischen Bisdamitz im Norden und Dwasieden im Süden recht oft. Ein ähnliches Schauspiel habe ich an der Lübecker und Neustädter Bucht zwischen Travemünde und Niendorf, wo die See vielfach wütet und zerstört einerseits, sowie zwischen Scharbeutz und Neustadt an der Ostsee, wo das Meer je weiter nach Norden um so sanftmütiger und mitteilsamer wird, sowie an vielen anderen Stellen deutscher Ostsee beobachtet.

*) Die Moränenblockpackungen in der Ostsee vor der Schar des Streckelb erges a hf Usedom.