Kleine Mitteilungen.
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s . ^ Kleine Mitteilungen.
Redensarten des Grofl-Berliner Volks. Das Erscheinen eines sehr verbreiteten Buches: „Der richtige Berliner in Wörtern und Redensarten“ ist wohl ein Beweis dafür, daß der Anwohner des „grünen Spreestrandes“ in der sprachlichen Ausdrucksweise etwas von den Übrigen Märkern Abweichendes pflegt. Und in der Tat etwa ein Mittel- oder Süddeutscher, der zum erstenmal nach Berlin oder einem seiner riesenhaft (teilweise auch in dem Maße ihres Selbstbewußtseins) angeschwollenen Vororte kommt und dort eine Unterhaltung von Leuten der unteren Volksklassen mit anhürt, darf wohl im ersten Augenblick glauben, in böhmische Dörfer gekommen zu sein. Denn wie soll er ahnen, daß man mit dem Ausdruck: „Du siehst aus , als wenn du dem Totengräber von de S chipp e gehopst wärst“ — einen sehr kränklich — elend aussehenden Menschen bezeichnen will. — „Du siehst aus wie eene vermanschte Schießbudenfigur“ will durch die plumc andeuten, daß der also Bezeichnete das Gegenteil eines Apollo darstellt. Schlimmer noch ist die Schmeichelei: „Mit dir lia’m se (haben sic) in de (Neue! Irrenanstalt) Charite S chmu gemacht“ — d. h.: Du bist als eigentlich Verrückter in unsere Gesellschaft eingeschoben. Er s ieht aus wie Stube und Küche soll wohl ein ärmliches Außere bezeichnen. Verständlicher schon ist der neulich unserm Schlittenkutscher bei einem kleinen Unfall liebenswürdigst zugerufene Ausdruck: „Du hast wohl noch keenen Rixdorfer kennen gelernt“, dem sogleich das freundliche Angebot folgte: „Ick klebe dir eene, det de aus de P anti nen k ipps t!“ Wer etwas schlau angefangen und glücklich zu Ende geführt, hat hierorts „en Ding gedreht“. Ein Korb mit gefüllten Bier- und Schnapsflaschen, wie ihn der Einholer für einen Bau den durstigen Kehlen zuschleppt, ist eine . Alk ohol w iege“. Beim Skatspielen hörten wir jüngst einmal: „Wat redst du von’n Weihnachtsmann, wenn doch keene Lichte brennen“ — oder die beliebten Redefloskeln: „Wat sagste nu?“ — „Is Tatsache“ — „Hast du ’ne Ahnung, wie Maikeber schinecken; du k rab belst se an’ Bauch." Eine Erinnerung, irgend eine Forderung fallen zu lassen, kleidet der Großberliner in die Worte: „Det npach ’ dir man a_b!“ oder neuer: „Nischt zu machen“ — oder: „so siehst du aus!“ (Das letztere scheint übrigens überall hin zu passen). Einen Hund von ganz unbestimmbarer Rasse ordnet unser Landsmann wohl folgendermaßen in die Tierverwandtschaft ein: Kreuzung zwischen Barsch und Kanarienvogel, zwischen Dachs und Rebhuhn oder gar zwischen Spreekahn und Botenfrau. — Eine tüchtige Tracht Prügel soll so wirken, „det dir det Wasser aus alle Ohrlöcher looft.“ Einen Zeugen hörten wir in der Rixdorfer Schöffengerichtssitzung
femes Gegners Intelligenz charakterisieren: „ Dum m wie S chiffe r.
(Exkremente!)
In Neuruppin hörten wir einen gegenwärtig als Maurer tätigen Mann von sich sagen, er sei früher „Paddenschiffer“ gewesen.