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15. (4. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
und auf unsere Gegend ohne zureichende Begründung angewendet habe, z. T. beruht dies auf einem Mangel der betr. deutschsprachlichen Literatur. Zweitens moniert Bl. die übertriebene scharfe Trennung der nach den beiden Leitfossilien Elephas antiquus und El.primigenius benannten Hauptstufen. Diese Tiere hätten an derselben Örtlichkeit wiederholt gewechselt, E. antiquus mehr eine wärmere, das Mammut mehr eine kältere Phase repräsentierend. Der dritte Fehler Rutots bestehe in seiner allzustarken Betonung der Arbeitsweisen (industries), die für ihn neben den genannten Elefanten das Alter absolut entscheiden, selbst wo es sich um weit von einander entfernte Länder und verschiedene geologische Verhältnisse handelt. Blanckenhorn schloß mit folgender Zusammenfassung: »Wir könnten aus alledem vielleicht — den vorläufig allerdings noch verfrühten — Schluß ziehen, daß der Mensch in Deutschland und Österreich w'ährend des Beginnes der Chelleo-Mousterienepoche oder des älteren Paläolithikums überhaupt noch nicht gelebt hat. Es wäre das gerade von dem Gesichtspunkte aus verständlich, daß damals während der Hauptzeit das Inlandeis in den Alpen in Süddeutschland und im Norden gerade am allerweitesteu sich ansdehnte und dem Menschen kaum eine Existenzmöglichkeit ließ. In dieser Zeit waren nur die klimatisch begünstigten Teile der Erde, Südengland, Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Afrika usw\ von Menschen bevölkert. Das Gleiche gilt wohl auch für die zwei noch älteren Eiszeiten, die altdiluviale und die oberoligocäne, welche schon der sogenannten eolithischen Periode augehören. Ob der Mensch während einer älteren luterglazialzeit in Deutschland vorübergehend einwanderte, d. h. ob ein Teil der Eolithe der Mark, z. B. die von Freyenstein*), wirklich der ersten quartären Interglazialzeit der norddeutschen Geologen angehört, bleibt immer noch eine offene Frage. Im allgemeinen aber kann man wohl sagen: Die meisten der sogenannten Eolithe Norddeutschlands so besonders die der Magdeburger Gegend, fallen einer jüngeren Periode zu als der eolithischen Periode Frankreichs und Belgiens, nämlich dem älteren und mittleren Paläolithikum, speziell dem Mousterien und dem Moustero-Solutreen Hörnes oder Montaiglien Rutots.“
Nachdem Herr Geologe Dr. Wiegers am 28. Februar 1905 sich bezüglich der Eolithe gegen Blanckenhorn gewendet, replizierte dieser in der Ihnen ebenfalls vorgelegten Zuschrift vom 15. Mai 1905: „Zur Frage der Manufakte im Diluvium der Magdeburger und Neu- haldenslebener Gegend“ (Monatsber. derjD. Geol. Ges. 1905, Heft 5) wies nach, daß W. ihn vielfach mißverstanden habe und plädierte dafür, daß man den Ausdruck Eolithe nicht zu weit ausdehne, d. h. nicht über das eigentliche Paläolithikum hinaus.
*) Vergl. Aber die Freyensteiner Eolithe Brandenburgs XII, 365.