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17. (5. ordentliche) Versammlung des XVI. Vereinsjahres.
ländischen Generalstaaten, aber mit einer direkten Förderung ostasiatischer Stilbestrebungen befaßte sich sein nüchterner, streng praktischer Sinn nicht. Destomehr sein großer Sohn, unter welchem das Rokoko in Berlin besonders gepflegt wurde, vgl. das Yeitel Ephraimsche Haus, Poststraße 16, welches der Stadt Berlin gehörige Gebäude noch jetzt ein Chinesenzimmer aufweist, während ein eben daher stammender schön lackierter chinesisch stilisierter, aber wohl in Berlin angefertigter großer Ilolzschrank ins Märkische Museum gewandert ist. Mit den in diese friderizianische Periode fallenden Baulichkeiten in und bei Potsdam beschäftigt sich Netto eingehend, wie er auch darauf hinweist, daß die in England zuerst aufgekommene, die Natürlichkeit wieder auf den Schild hebende Gartenkunst im Gegensatz zu dem feierlichen französischen Gartenstil eines le Nötre, eine Nachahmung der kleinen chinesischen Naturgärten sei. Bei den Wandmalereien jener Zeit in Berlin, Potsdam, Rheinsberg und auf vielen brandenburgisehen Edelsitzen finden wir chinesische und japanische echte seidene Tapeten und Gobelins oder Nachahmungen auf Tapetenpapier mit Mustern von Blumen, Vögeln (Pfauen, Papageien u. s. f.), Affen und dergleichen, alles Motive, welche der Rokokostil mit Begierde übernommen hat.*)
Die dritte Invasion des ostasiatischen Stils setzt mit der Preußischen Handelsexpedition unter Graf Eulenburg ein, der unterstützt durch ein Kriegsgeschwader mit Siam, China und Japan, Handels- und Freundschaftsverträge in den Jahren 1860 bis 1862 abschloß, nachdem es einige Jahre zuvor dem Kommodore Perry an der Spitze eines Kriegsgeschwaders der Vereinigten Straßen zum ersten Male seit der holländischen Epoche gelungen war, mit dem überraschten Reiche des Mikado einen auf Eröffnung mehrerer japanischer Handelshäfen abzielenden Handelsvertrag
*) Nach der Entdeckung Amerikas kommt der Papagei vor, „der sprechende Zaubervogel unter Wasser“, wie die Berliner entsetzt meinten, als sie bei Leonhard Turneisser von Thurn, dem Alchimisten Kurfürsen Johann Georg, 1510, zum ersten Male den Papagei im Glaskäfig sahen. Affe und Papagei sind dann im Rokoko besonders beliebt. Es wird ja sogar nach einer französischen Sage erzählt, daß der Papagei Rokoko, der Liebling einer alten Marquise, schimpfend und schnatternd a lle Möbel zerhackt und zerbissen habe. Nur die in dem damals neuen Stile, mit Schweifung, Muscheldekoration und reichem Beschläge verschonte er. Man habe deshalb zunächst scherzend in der Dame Umgebung diese Möbel „Rokoko“ genannt, und d er Name sei bald verallgemeinert worden für Stil, Mode und Zeit. Wie sehr Affe «nd Papagei zum unentbehrlichsten Hausgetier in den Tagen von Reifrock und Puder gehörten, beweisen am besten Hogarths Kupfer, auf denen beide häufig nicht fehlen. ß aß aber auch Friedrich der Große noch in späteren Jahren seiner Regierung, als aus dem eleganten Monarchen „der alte Fritz“ geworden war, Affen und Papageien hi( dt, berichtet kein Geringerer als Goethe, der über seinen Potsdamer Besuch im Mai i 77 » schreibt, er sei „dem alten Fritz recht nah' worden“, als er dessen Gold, ^ber, Marmor, Affen, Papageien und zerrissene Vorhänge sah, und über den großen Mann dessen eigene „Lumpenhunde“ raisonnieren hörte.