Heft 
(1902) 10
Seite
9
Einzelbild herunterladen

19. (9. ordentliche) Versammlung des IX. Vereinsjahres.

9

Die Firma Gustav Kühn wurde im Jahre 1775 von Johann Bernhard Kühn gegründet und hat vor 16 Jahren ihr hundertjähriges Jubelfest gefeiert.

Im Iland-Koloriren der Neu-Ruppiner Bilderbogen ist anscheinend ein gewisser Stillstand eingetreten. Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, dass die Zukunft der Bilderbogen-Herstellung mehr auf dem Gebiet der Maschinenarbeit liegt. Es wird vermutlich eine Zeit kommen, wo Farbensteindruck, oder, was wahrscheinlicher ist, Farbenbuchdruck an die Stelle des Hand-Schablonierens tritt. Ansätze in dieser Richtung sind, wie wir später sehen werden, schon vorhanden, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass man im laufenden Jahrhundert in Neu-Ruppin die gegenwärtig noch blühende Koloriertechnik bald nur noch vom Hörensagen kennen wird.

Der erwähnte Gründer des Kühnschen Geschäfts, Johann Bernhard Kühn, errichtete 1775 in dem durch nachstehende Abbildung veran­schaulichten Häuschen eine kleine Buchdruckerei. Er wandte sein Augenmerk schon früh auf die Herstellung sogenannterfliegender Blätter mit humoristischen Darstellungen, aus welchen die späteren Bilderbogen hervorgingen. Die ersten Arbeiten dieser Art waren durchweg in jener derben, steifen Holzschnittmanier ausgeführt, wie sie zu Ende vorigen Jahrhunderts üblich war. Nur wenige grelle Farben wurden gewählt und in breiten Flächen aufgetragen. Einige Beispiele von Bilderbogen aus jener Zeit sind noch im Märkischen Museum zu Börlin vorhanden.

1787 wurde Neu-Ruppin durch einen grossen Brand heimgesucht, dem auch das Kühnsche Häuschen zum Opfer fiel. Friedrich Wilhelm II., der sich lebhaft für die Stadt interessierte, lieferte bei dieser Gelegenheit ein Zeichen erstaunlicher Opferfreudigkeit, indem er den abgebrannten Bürgern Ziegel, Bauholz und Baugelder zur Verfügung stellte. Die Stadt wurde rasch wieder aufgebaut und bot nunmehr gleich allen nach verheerender Feuersbrunst planmässig wiederhergestellten Ortschaften einen um vieles erfreulicheren Anblick dar. Die dankbaren Bürger setzten später dem freigebigen Fürsten auf dem Marktplatz ein statt­liches Bronze-Standbild.

Auch Kühns Geschäftshaus war stattlicher wieder aufgebaut worden, und die Bilderbogenfabrikation nahm, angeregt durch die in den nächsten Jahrzehnten folgenden Kriegsereignisse, neuen Aufschwung. Soldaten- und Schlachtenbilder, Bildnisse der Fürsten und Heerführer, wahrscheinlich auch einige der ohne Druckfirma verbreiteten Kari­katuren auf Napoleon gingen aus der Anstalt hervor.

Johann Bernhard Kühn starb 1822. Sein Sohn und Nachfolger Leopold Gustav Kühn, ist der eigentliche Begründer der Firma, welche noch heut seinen Namen führt. Während das Geschäft bisher in