Heft 
(1902) 10
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Zwei Reliquien der Quitzowzeit.

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Wie ists nur möglich bis hin zu unserer so sehr auf Menschen­wohl bedachten Zeit? Soll wenig gelten das 1791 vom Oberbaurat Schulz über die Havel gefällte Urteil (vergl. Brandenburg in Wort und Bild, Berlin 1900, S. 155.):ist ein sehr kranker Fluss, ihre Krankheit ist unheilbar?

Der Grosse Kurfürst dachte seiner Zeit anders. Er beauftragte 1640 den weiland holländischen Admiral Gysel vom Lyr, die Lenzener Elbwische durch ein niederländisches Deichsystem aus wüster Elb- hochwasserwildnis in schönes Graspflegeland zu wandeln. So ward der Wert dieser Landschaft aufgedeckt.

Doch es gilt ja weiter in jeder Lebensbeziehung: Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen!

Dass Wasser nicht bloss geradeaus vorwärts, dass es unter Umständen auch zur Seite und um die Ecke fliesst, das vergass die konservativ ruheselige Menschheit der Folgezeit an unrichtiger Stelle.

Riesenhaft erhöht wurden zwar von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die Deiche neben dem Elbstromlaufe und für Vertiefung der Inner-Stromrinne durch Buhnenbau wurde reichlich gesorgt. Aber dass Entwaldungen im Obergebiet und zahllose Drainierungen und Gräbenregulierungen zur Zeit der Schneeschmelze und starker Regengüsse für verstärkten Wasserzulauf dem Unterteil der Elbe zwischen Tangermünde und Lauenburg (von wo ab regelmässige Meeresebbe und -flut die Strömung abbricht) keinen hinreichenden Abfluss darbietet, diese Schlussfolgerung ward leider nicht gezogen.

Eine Erleichterung, welche die grosse Wasservorlage des Mittel­landkanals nebst Ergänzungsbauten, denen vielleicht später ein Seiten- Ellipsenkanal Wolmirstädt-Cuxhaven eingefügt wird, bringen kann und bringen muss, ist ja in der letzten Landtagssession auch wieder auf die lange Bank geschoben.

So sind wir denn mit der schönen, für den deutschen Fleisch­bedarf so notwendigen Lenzener Elbwische wieder so ziemlich znrück- getrieben Tun bald 600 Jahre in die Wasserzustände der Quitzowzeit. Geändert ist die Lage nur insofern, dass das befruchtenden Schlick zeitweise bringende Hochwasser nicht mehr vorwärts von oben über Felder und Wiesen läuft, sondern dass es rückwärts staut und nebenher unterhalb der Deiche als sogenanntes Qualmwasser die Ländereien versauert und auspovert.

Kein Wunder, dass in diesem bis zum Jahre 1875 blühenden Landstrich, der vom Jahre 1876 ab fast regelmässig alle 2 Jahre von späten Frühjahrs- und frühen Herbstwässerungen unliebsam heimgesucht ist, Wohlstand und Wohlbefinden bedenklich zurückgegangen sind.

In den Zeitungen war vor Kurzem zu lesen, die Malaria-Kommission habe für Deutschland Freiheit von Malaria festgestellt. Waren Mit-