Der Ursprung des märkischen Backsteinbaues.
Von O. Stiehl*)
Hochverehrte Anwesende!
Lassen wir den Entwickelungsgang unserer Mark Brandenburg vor unserem geistigen Auge vorüberziehen, so finden wir einen Abschnitt von grundlegender, alle späteren Ereignisse bestimmender Wichtigkeit, wie solchen in ähnlicher Weise wenige Länder durchgemacht haben. Es ist die Zeit der deutschen Eroberung und Besiedelung in der 2. Hälfte des 12. und im Beginn des 115. Jahrhunderts. Im Laufe weniger Menschenalter brachte sie eine vollständige Neuordnung fast aller Verhältnisse des Landes und des Lebens, eine gänzliche Umgestaltung des Staatswesens, des wirtschaftlichen Betriebes und der socialen Gliederung.
Die Herrschaft deutscher Markgrafen und ihrer Lehensleute trat an Stelle der lockeren slavischen Stammes-Verbände unter oft schattenhafter polnischer Oberhoheit. Umwälzend wirkte wirtschaftlich die Einführung des gründlicheren deutschen Ackerbaubetriebes, die Förderung von Handel und Gewerbe durch Gründung zahlreicher Städte, in socialer Beziehung ebenso die Einwanderung und das Gedeihen einer zahlreichen Schicht freier deutscher Bauern und freier Bürger, die ein Mittelglied bildeten zwischen dem kriegerischen Adel und seinen slavischen unfreien Hintersassen.
Es ist natürlich, dass für die unendlich vielseitigen Bedürfnisse dieser reichen Entwicklung auch ganz neue und reichere Mittel aufgewendet werden mussten, dass insbesondere in baulicher Hinsicht viel weitergehende Forderungen an Festigkeit, Schönheit und Dauerhaftigkeit zu erfüllen waren. Es folgte daraus der Übergang von dem bisher allein landesüblichen Holz- und Reisighüttenbau zur Errichtung steinerner Gebäude. Da nun unser Land die im Westen und Süden Deutschlands so reichlich vorhandenen natürlichen Bausteine so gut wie ganz ent-
*) Vortrag gehalten am 24. April 1901.
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