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Der Ursprung des märkischen Backsteinbaues.
behrt, musste man zu anderen Hilfsmitteln greifen und man fand das Mittel zur Befriedigung der neuen baulichen Bedürfnisse im Backsteinbau. Dieser au sich begreifliche Vorgang wird zu einem wahren Rätsel der Baugeschichte dadurch, dass der Backsteinbau ganz plötzlich, in voller Ausbildung der Technik und der Form, schulmässig abgeschlossen bei uns auftritt.
Es ist das wunderbar, weil der Vorgang an sich durchaus nicht einfach ist. Bei Einführung eines neuen Materials werden wir zunächst Vorstufen in der Bereitung des Baustoffes voraussetzen müssen. Als wahrscheinlich werden wir ein mehrfaches Misslingen ansehen, wobei wir dann einen Wechsel in der Behandlung, ein allmähliches Aufsteigen zu grösserer Fertigkeit beobachten könnten. Wir finden bei uns nichts davon, im Gegenteil sind gerade die ältesten Bauten am besten und sorgfältigsten bearbeitet, gerade an ihnen finden wir die umständliche Überarbeitung der einzelnen Steinoberflächen mit Scharriereisen und Säge, die später allmählich verschwiudet. Auch die Ausbildung der Formen ist nicht ganz einfach, da die Bedingungen der Technik zu wesentlichen Abänderungen der Werksteinformen zwangen. Der Backsteinbau ist genötigt, mit kleinen Stücken zu arbeiten, da nur diese im Brande sich zu wetterfesten Steinen umwandeln lassen, er muss-grössere Formen daher durch schichtmässiges Mauern hersteilen. Er hat andererseits gegen den Werksteinbau das Hilfsmittel der tiefen Farbe, das in Verbindung mit weissem Putz ganz neue Wirkungen hervorbringen lässt. Es treten diese Eigentümlichkeiten des Materials besonders, hervor in der Behandlung der Fensterbögen, in der Durchbildung der Bogenfriese, die in ganz abweichender Konstruktion aus Einzelstücken auf schlanken, schmalen Konsolen hergestellt werden. Sie üben weiter wesentlichen Einfluss auf die Formen der Kapitelle, die als Würfelkapitelle, Trapezkapitelle, Trichterkapitelle eine ganz eigene, durch die Schichtenteilung bedingte Entwicklung durchmachen. Audi in dieser Formgebung finden wir keine Unsicherheit, kein Schwanken, wir sehen vielmehr in dem ganzen Gebiete des Backsteinbaues neben manchem individuellen, selbstständigen Zuge eine grosse Gleichartigkeit der Formgebung, die sich aber scharf unterscheidet von den Gewohnheiten im Werksteinbau benachbarter Länder. Es wird daher auch allgemein angenommen, dass der Backsteinbau von aussen zu uns gekommen ist, die Frage ist nur, wo sollen wir sein Ursprungsland suchen?
Die Beantwortung dieser Frage ist erschwert durch den grossen Mangel an unzweideutigen Nachrichten. Urkunden aus jener Zeit sind uns über unsere Bauten nur sehr spärlich erhalten und sie betreffen fast nur Schenkungen und Stiftungen an einzelne Kirchen, wobei wir keinerlei Anhalt haben, dass die damals vorhandenen und erwähnten Kirchen schon die jetzt an gleicher Stelle stehenden Backsteinbauten