Der Ursprung des märkischen Backsteinbaues.
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gewesen sind. Auch die anderen geschichtlichen Quellen und Chroniken geben uns nichts über die künstlerische Entwickelung der Bauten an, wofür naturgemäss in damaliger Zeit der Überblick fehlen musste. Für unsere Gegend ist die einzige geschichtliche Quelle die Slaven- chronik des holsteinischen Priesters Helmold. Dieser berichtet, dass unzählige und starke Männer (innumerabiles et fortes viri) von den Gestaden des Oceans gekommen und weithin im Osten die Länder der Slaven besiedelt und bald zu hoher Blüte gebracht hätten. Man nahm auf diese Nachricht gestützt an, dass auch unsere märkischen Gebiete im Westen und in der Altmark im wesentlichen von Holländern urbar gemacht und besiedelt worden seien. Man setzte im Anfang der 40 er Jahre dazu in Holland eine Backsteiubaukunst hohen Alters voraus, was in jener Zeit zulässig erschien, da die Denkmalskenntnis weniger ansgebildet war als heutzutage. Man glaubte, dass der Backsteinbau in den Niederlanden seit Römerzeiten her bestanden und etwa im Beginn des 12. Jahrhunderts einen neuen Aufschwung erlebt habe und folgerte daraus, dass er aus den Niederlanden zu uns gekommen sei. Diese Anschauung, zuerst von Otte geäussert, von F. Adler mit grossem Geschick weiter ausgebaut, hat Jahrzehnte lang fast widerspruchslos geherrscht und den Besten ihrer Zeit genug gethan. Wenn aber nach einem bekannten Dichterwort für den Menschen gilt, dass er in diesem Falle genug gethan hat für alle Zeiten, so muss die Wissenschaft auf einem andern Standpunkt stehen und bei Auftauchen neuer Gesichtspunkte auch ihre Anschauungen fortschreitend verändern. Solche neuen Gesichtspunkte sind thatsächlich in den letzten Jahren mehrfach zu unserer Kenntnis gekommen. Es ist zunächst von Seiten der reinen historischen Forschung die Zuverlässigkeit des Helmoldschen Berichtes neuerdings als zweifelhaft erwiesen worden. Wir haben erkannt, dass dieser Berichterstatter die Ereignisse, soweit sie sich in seiner Nähe abspielten, mit grosser Sicherheit wiedergab, dass er die entfernteren Vorgänge in der Mark Brandenburg aber nur vom Hörensagen und in mehr schematischer Weise darstellte. Er hat offenbar bei seinem Bericht die in Holstein thatsächlich vorhandene niederländische Einwanderung ohne genügenden Grund verallgemeinert. Von anderer Seite her ist uns diese niederländische Einwanderung in der Mark Brandenburg zweifelhaft geworden. Wir wissen, dass der grosse Wanderzug der Niederländer hervorgerufen wurde durch die Einbrüche des Meeres, dass er mit dem Aufhören dieser Ursache gegen das Jahr 1136 nachlässt und bald vollständig verschwindet. Da unsere Gegenden erst nach dieser Zeit kolonisiert wurden, werden wir auch die niederländische Bevölkerung in ihnen nicht hoch anschlagen können.
Dazu kommt ein weiterer Gesichtspunkt, den uns die Erweiterung unserer Denkmalskenntnis an die Hand giebt. Die nähere Durch-
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