Heft 
(1902) 10
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Der Ursprung des märkischen Backsteinbaues.

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grösserer Sicherheit und grösserer Einheitlichkeit der einzelnen Land­schaften gewidmet.

Auf Grund dieser Übereinstimmungen und dieser Zeitbestimmungen können wir nicht nur die Übertragung der Formen aus Ober-Italien in unsere Gegend als sicher annehmen, wir können auch den Zeitpunkt dieser Übertragungen unschwer bestimmen. Sicher wurde im Jahre 1173 in Lübeck der Dom im Beisein des grossen Weifenherzogs Heinrichs des Löwen als Backsteinhau gegründet. Es ist das die erste un­zweideutige urkundliche Nachricht über das Auftreten dieser Bauweise in unserm Lande. Vielleicht wurde schon um das Jahr 1160 der Domturm in Verden aus Ziegeln gebaut. In der Mark ist die älteste Gruppe von Ziegelbauten die im Lande Jerichow, welche wir um das Jahr 1200 aus allgemeinen Gründen und aus Gründen der Form­vergleichung datieren können. Die Klosterkirche zu Jerichow, eine spät romanische, ursprünglich auf Wölbung angelegte Basilika, welche erst später in einfacherer Weise mit Flachdecke fortgeführt wurde, ist der Hauptbau dieser Gruppe, die neben dieser noch eine Anzahl von Dorfkirchen und Stadtkirchen umfasst. Von diesen kleineren Kirchen ist eine der bedeutendsten die Kirche zu Schönhausen, deren Weihung im Jahre 1221 als urkundlich beglaubigt ist. Derselben Gruppe nahe steht auch der Dom in Brandenburg, dessen Erbauung wir in die Zeit von 1200 bis 1235 verlegen können. Neben diesen flachgedeckten Kirchen treten weitere Gruppen auf, die die reichere Entwickelung des Gewölbebaues bei uns vertreten. Als Hauptbeispiele sind anzuführen: Die Klosterkirche in Diesdorf, die Klosterkirche zu Lehnin, etwa 1200 begonnen und 1272 geweiht, ferner die Klosterkirche zu Dobrilugk, schon mit gotisch-profilierten Rippen in den Wölbungen; endlich die Klosterkirche zu Kolbatz, etwa 1220 begonnen und erst im langsamen Baufortschritt im 14. Jahrhundert gewölbt. Die letztgenannten Kirchen geben schon die Überleitung zum Aufkommen der gotischen Baukunst, deren älteste Denkmäler, die Klosterkirche zu Berlin 1290, die Kirche zu Chorin um 1300 und die Klosterkirche zu Doberan um 1310 erbaut wurden. Dieser vorstehend gegebenen Zeitfolge steht in den vorhandenen Urkunden keinerlei Hindernis entgegen. Sie erscheint den wahrscheinlichen Kulturverhältnissen des Landes durchaus an­gemessen, weil sie die ersten monumentalen Kirchenbauten erst in eine Zeit setzt, in der die rohen Zustände, die jeder Besiedelung feind­licher Gebiete anhaften, schon überwunden sein konnten. Sie gewährt einen zwanglosen Anschluss an das allmähliche Eindringen gotischer Bauweise, mit deren ersten Denkmälern wir um die Wende des 14. Jahr­hunderts eine Zeit vielfältiger sicherer Datierungen erreicht haben. In diesem naturgemässen Bilde einer ununterbrochenen, ruhig fortschreiten­den Entwickelung können wir eine wertvolle Bestätigung dafür sehen,