Heft 
(1902) 10
Seite
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Tangermünde.

So jagen sie weiter in wilder Flucht Durch dichte verworrene Waldesschlucht;

Der Sporn treibt die Pferde fort ohne Ruh,

Sie reiten auf Tangermünde zu.

S ist Dedo, der edle Graf zu Wettin,

Und vierzig Knappen geleiten ihn;

So jagen sie fort durch des Waldes Nacht,

Und nirgends wird Ruhe noch Rast gemacht.

Doch wie das Gebüsch immer dichter rings her,

Da saust durch die Lüfte ein mächtiger Speer;

Es sinkt aus der Knappen dienendem Tross Getroffen der Eine vom schnaubenden Ross.

Hei! Hei! Mein edler Graf von Wettin

Wie dorten die Flammen von Wolmirstcdt glühn

Jetzt trifft Dich die Rache! die Stunde ist gut;

Und Markgraf Werner,'er fordert Dein Blut!

Wie Wetterleuchten vom Himmel fährt,

Blitzt Werner von Walbecks mächtiges Schwerdt,

Der hier, um zu rächen die brennende Stadt,

Bei nächtlicher Weile gelauert hat.

Ilei! Hei! Mein edler Graf gebt Acht!

Wie doch der Hieb in den Panzer kracht!

Wo der Kragen sich eisern am Halse schnürt;

Den Hieb hat Werner von Walbeck geführt.

Und der Graf sinkt blutend vom bäumenden Ross,

Es flieht seiner Knappen feigherziger Tross.

Jetzt schliesst Dir der Tod Deinen lästernden Mund,

Jetzt klage mich an beim Kaiser, Du Hund!

So ruft der Markgraf noch höhnend aus

Und jagt auf dem flüchtigen Hengste nach Haus;

Der Tote bleibt stumm dort im Walde zurück.

Es heischt Vergeltung sein brechender Blick.

Der Kaiser, über die That Werners entsetzt, wollte Vergeltung üben, indes gelang es Werners Verwandten, das diesem drohende Unheil von ihm abzuwenden. Zwar wurde er seines Amtes als Markgraf für verlustig erklärt, Leben und Eigentum wurden ihm aber gelassen.

Karl Pötters.