Heft 
(1902) 10
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5. (2. ordentl. u. Haupt-) Versammlung des X. Vereinsjahres.

Mitgliedern der Brandenburgs zusammensetzt, wird die betreffende Sonderuntersuchung veranlassen.

6. Ich habe bereits einmal über die Üppigkeit bei alt­märkischen Hochzeiten (vgl. Brandenburgs IX. 124) berichtet, die an dieguten alten Zeiten erinnert. Nun vernehmen wir, dass damit noch kein Ende geschehen ist, vielmehr nicht weniger denn zehn derartige altmärkische Riesen-IIochzeiten in den letzten vierzehn Tagen gefeiert worden sind. Auch bei diesen Bauernhochzeiten ist der bekannte gewaltige Hochzeitspomp wieder entfaltet worden, der jedesmal durch die grosse Anzahl der Hochzeitsgäste, durch den Staat der ländlichen Schönen und nicht zuletzt durch die für die Hochzeitstafel erforderliche Massenschlachtung, Kuchenbäckerei und den Bier- und Weinkonsum in die Erscheinung tritt. Auf der grossen Landhochzeit in Groningen am letzten Freitag waren über 500 Ilochzeitsgäste zugegen, ausserdem strömten aus allen umliegenden Ortschaften die Dorfbewohner herbei, da bei einer Hochzeit für jedermann, der erscheint, etwas abfällt. Anwesend waren bei den Hochzeiten in Yalsitz 375 Personen, in Hohentreue 250 Personen, in Wallstawe 150 Personen, in Püggen 275 Personen, in Siedenlangenbeck über 300 Personen, in Niendorf 150 Personen, in Mehrin gegen 450 Personen, in Molitz 350 Personen; an der in Audorf heute stattfindenden grossen Landhochzeit werden mindestens 300 Hochzeitsgäste teilnehmen. Man giebt für diese Hoch­zeiten folgende Schlachtungen an: 20 Kühe, 45 Schweine, 00 Hammel, ca. 1000 Hühner, 25 Kälber. Der Kuchenkonsum und der Kaffee­verbrauch ist überhaupt nicht festzustellen; ebenso kann der Bier-, Branntwein- und Weinkonsum auch nicht annähernd bestimmt werden. Grosse Landhochzeiten dauern zwei oder auch drei Tage. Bei zwei von den obigen Ilochzeitsfesten ist es zu einer groben Ausschreitung beziehungsweise zu einem komischen Zwischenfall gekommen. Auf der grossen Gröninger Hochzeit wurde ein Arbeiter von zuschauenden Männern überfallen und mit Messerstichen lebensgefährlich zugerichtet. Auf der Hochzeit in Wallstawe war ein 7-jähriges Mädchen unter den Ilochzeitsgästen, das mit an der langen Tafel sass, mit den Kindern tanzte und sich mit voller Lust amüsierte. Jedermann glaubte, dass sie zu den Angehörigen eines Hochzeitsgastes gehöre, schliesslich stellte es sich heraus, dass es ein wildfremdes Mädchen war, das niemand aus der weiten Umgegend kannte. Aus dem Mädchen war nichts herauszubekommen, und so mussten es denn die Dorfväter in sichere Obhut nehmen. Bis zum heutigen Tage ist das Kind noch nichtfest­gestellt worden. Vielleicht war es eineUnnereerdsche.

7. Ludwig Lehmann: Märkisches Dorfleben einst und

jetzt. Bilder aus der Geschichte der Landgemeinden Henners­dorfWulkowTrebnitz i. Mark von alterslier bis auf die